taz.de -- Torfrau Nadine Angerer über Antrieb: „Alter ist Schall und Rauch“

Die 34-jährige Nationaltorhüterin Nadine Angerer erklärt, was sie antreibt, ihr risikofreudiges Spiel stetig zu verbessern, und warum ihr permanente Unruhe guttut.
Bild: Nadine Angerer, Ariane Hingst und Birgit Prinz auf Reisen in China 2007

taz: Frau Angerer, Sie sagten vor einigen Jahren, dass diese Position im Frauenfußball generell vernachlässigt worden ist. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?

Nadine Angerer: Früher war es in der Nationalmannschaft so, dass Silke Rottenberg und ich immer dabei waren und die anderen Torhüterinnen ein bisschen stiefmütterlich behandelt wurden. Der Fokus lag eben generell nicht so auf den Torhüterinnen. Da hat sich sehr viel getan.

Es gibt inzwischen sehr viele Torwartstützpunkte, viele Bundesligisten haben jetzt einen hauptamtlichen oder zumindest festen Torwarttrainer. Aber ich denke, dass es auf der Torwartposition nach wie vor sehr viel Potenzial gibt.

Wie hat sich die Rolle der Torhüterin im Spiel selbst gewandelt?

Na ja: Ein Torwart kann ein Spiel oder ein ganzes Turnier verlieren – aber auch gewinnen. Für mich war diese Position immer schon wichtig, sonst wäre ich ja nicht ins Tor gegangen. Wenn die Moral in der eigenen Mannschaft gerade mal am Abflachen ist oder ein bisschen Verzweiflung aufkommt, kann man das Team mit einer guten Parade pushen.

Haben Sie Ihr eigenes Spiel in den letzten Jahren bewusst verändert? Dass Sie zum Beispiel mehr mitspielen?

Nein. Ich bin schon immer eine sehr offensive Torfrau gewesen und würde immer das Risiko in Kauf nehmen. Wenn ich dabei ein blödes Tor kassiere, ist das so. Aber dafür habe ich davor durch mein risikofreudiges Spiel 25 Chancen vereitelt. Da nehme ich diese 1:25-Chance in Kauf. Aber natürlich habe ich immer versucht, das zu perfektionieren. Mit 27 habe ich zum Beispiel noch mal komplett meine Torwarttechnik umgestellt.

Was genau haben Sie umgestellt?

Die Technik, wie ich zu flachen Bällen hingehe. Das ist unabhängig vom Alter; das ist eine Sache, die im Kopf entsteht: ob ich bereit dazu bin – oder eben nicht. Ich bin jetzt 34 und hab immer noch Freude daran, mich zu verbessern.

Deshalb haben Sie Ihre Karriere in der Nationalmannschaft auch nicht beendet. Manche dachten, die Heim-WM wäre dafür womöglich ein guter Zeitpunkt gewesen.

Es ist immer schön zu hören, was die anderen denken. Aber die können nicht in meinen Körper schauen. Ich habe jetzt wieder einen der besten Athletikausdauerwerte gehabt. Alter ist für mich Schall und Rauch.

Beim 1. FFC Frankfurt sind Sie gerade verabschiedet worden. Haben Sie eine Tendenz, wie es für Sie nach der Europameisterschaft weitergeht?

Ich habe eine Tendenz, die ich in den nächsten ein, zwei Wochen bekannt geben werde. Es wurde immer mal kommuniziert, dass ich ins Ausland gehe. Schön, dass das irgendwo so steht. Ich bin da auch nicht abgeneigt, aber es muss nicht so kommen.

Sie selbst haben häufiger mit männlichen Torhütern trainiert. War das ein wichtiger Bestandteil für Ihre Entwicklung – und würden Sie das jüngeren Torhüterinnen ebenfalls empfehlen?

Das muss man individuell entscheiden. Ich bin halt ein Wettkampftyp, auch im Training. Klar hat ein Mann andere athletische Voraussetzungen als ich. Trotzdem wollte ich da nicht so weit hintendranstehen, das hat mich immer gewurmt. Andere sind da anders gestrickt. Die brauchen Ruhe, müssen Dinge erklärt bekommen. Aber ich will machen.

Sie wollen generell viel machen. Wie steht es mit dem Plan, mit Ihrem alten VW-Bus von Berlin nach Kapstadt zu fahren?

Das ist nicht ad acta gelegt und gehört noch immer zu einem meiner vielen Pläne. Bei mir ist es wirklich schwer, mich auf irgendetwas festzulegen. Ich bin ein spontaner und emotionaler Mensch mit wahnsinnig vielen Interessen. Ich hab mir zum Beispiel vor ein paar Monaten ein Haus gekauft, auf Fuerteventura. Das hatte ich auch nie geplant. Das hat sich so ergeben, ich hatte einfach Bock drauf. Wichtig ist für mich immer: Es muss sich gut anfühlen.

15 Jun 2013

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Morbach

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