taz.de -- Obama verteidigt Spähprogramm Prism: Kontrolle durch Geheimgericht
Die Bürgerrechte werden gewahrt, versichert der US-Präsident in einem Interview. Kontrolliert werde das von einem geheimen Gremium mit geheimen Mitgliedern.
WASHINGTON ap | US-Präsident Barack Obama hat das geheime Speichern von Internet- und Telefondaten als Bestandteil eines Programms zur Terrorismusbekämpfung verteidigt. „Es ist transparent“, sagte er in einem Interview des US-Fernsehsenders PBS am Montagabend. „Deshalb haben wir das FISA-Gericht geschaffen.“
Damit meinte Obama das unter dem Gesetz zur Auslandsgeheimdienstüberwachung – Foreign Intelligence Surveillance Act – geschaffene geheime und nicht öffentlich tagende Gericht, das zwei von einem Insider an die Öffentlichkeit gebrachte Programme genehmigt: eines, das Telefondaten sammelt und eines, das Internetserver in den USA nach Ausländern mit möglichen Verbindungen zum Terrorismus absucht.
„Wir werden Wege finden, mit denen die Öffentlichkeit eine Versicherung hat, dass die Gewaltenteilung eingehalten wird“, sagte Obama in dem Interview, das um 23.00 Uhr Ortszeit (05.00 MESZ) auf dem Programm stand.
Telefongespräche würden nicht mitgehört, SMS-Kurzmitteilungen nicht überwacht und E-Mails „nicht von einem Big Brother irgendwo“ gelesen, erklärte Obama. Das gelte für alle Menschen, die keine Verbindungen zu Terroristen hätten.
Er habe ein Aufsichtsgremium für Privatsphäre und Bürgerrechte geschaffen, fügte er hinzu. „Ich werde mich mit ihnen treffen. Und was ich will ist, eine Struktur für ein nationales Gespräch zu schaffen, nicht nur über diese beiden Programme, sondern das allgemeine Datenproblem, großen Datenmengen, weil dies nicht auf Regierungsstellen beschränkt ist“, sagte Obama.
Der frühere Mitarbeiter der Geheimdienstbehörde NSA, Edward Snowden, verteidigte unterdessen seine Enthüllungen über die Überwachungsprogramme in einem Online-Chat mit dem britischen Guardian. Er habe sehr wohl abgewogen, welche Informationen er aufdecken wollte und welche nicht, erklärte er laut der Zeitung am Montag.
So habe er beispielsweise keine Angaben über Militäreinsätze gemacht, sondern stattdessen gezeigt, dass der Geheimdienst NSA zivile Einrichtungen ausspioniere. „Diese offenen, aggressiven kriminellen Akte sind falsch, egal gegen welches Ziel sie sich richten“, kritisierte er.
Snwoden warf Politikern im US-Kongress und der Regierung vor, den Erfolg des Datensammelns durch die beiden Programme zu übertreiben. Der 2009 durch die Verhaftung eines Verdächtigen verhinderte Anschlag auf die New Yorker U-Bahn hätte auch mit anderen, enger gefassten Fahndungsmethoden erzielt werden können, sagte Snowden.
Obama räumte das in dem Interview ein, ohne Snwodens Namen zu nennen. „Wir hätten ihn auch irgendwie anders fangen können“, sagte er. „Wir hätten es verhindern können, weil er einem New Yorker Polizisten als verdächtig aufgefallen wäre. Vielleicht hätte er sich auch als unfähig erwiesen und die Bombe wäre nicht explodiert. Aber die Bandbreite unserer Chancen, eine Katastrophe wie diese zu verhindern, wird mit diesen Programmen größer.“
18 Jun 2013
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