taz.de -- Energieversorgung: Moorburg qualmt schon

Anwohner beschweren sich über Rauch aus dem Kohlekraftwerk. Vattenfall nimmt erste Anlagenteile in Betrieb. Windrichtung falsch eingeschätzt.
Bild: Schöner als in der Wirklichkeit: Das Kohlekraftwerk Moorburg, hier als Planungsskizze, soll frühestens Mitte 2014 in Betrieb gehen.

Die Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks Moorburg hat zu Beschwerden bei den Dorfbewohnern geführt: Von Dienstagvormittag bis Mitternacht habe ein unangenehmer Dunst zwischen den Häusern gehangen. Qualm und Geruch sind nach Auskunft des Kraftwerksbetreibers Vattenfall bei den Arbeiten am Korrosionsschutz für den Kraftwerksblock B entstanden. Diesen Block will der Konzern noch in diesem Jahr zum ersten Mal anfeuern und anschalten.

Vattenfall errichtet in Moorburg ein großes Steinkohlekraftwerk, das höchst umstritten ist. Kritiker lehnen die Anlage ab, weil sie eine große Menge Kohlendioxid ausstoßen wird, das für den Klimawandel verantwortlich gemacht wird. Ein Kraftwerk dieser Größe, ist wiederholt eingewandt worden, blockiere die Energiewende und beeinträchtige wegen seines Kühlwasserbedarfs die Elbe. Auch hatten Ärzte gewarnt, die Abgase des Kraftwerks schadeten den Anwohnern.

Der Dunst hat nach Berichten aus Moorburg bei Anwohnern zu Kopfschmerzen und Husten geführt – insbesondere bei Kindern. „Das war wie wenn man hinter einem Auto herfährt“, sagt die Moorburgerin Claudia Kulenkampff. Familien mit kleinen Kindern hätten das Weite gesucht. Am Dienstagabend informierten die Anwohner die Behörden.

„Wir haben nicht damit gerechnet, dass die Wolke über Moorburg ziehen würde, weil die Windverhältnisse anders waren als erwartet“, sagt Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Buckow. Um Block B vor Korrosion zu schützen, werde heißes Wasser und Dampf im Kreis zu den Rohren geführt. Dazu sei eine Feuerung nötig. Beim Zünden des Brenners gebe es eine Rauchwolke. Außerdem entstehe ein Geruch, weil alle Anlagenteile neu seien. „Das ist wie beim Backofen, wenn man ihn zum ersten Mal anmacht.“

„Es muss irgendeinen Schutz geben für die Bürger“, sagt die Moorburgerin Kulenkampff. Das Wetter könne ja immer mal ungünstig sein. Zumindest müssten die Anwohner informiert werden, so dass sie einer Wolke ausweichen könnten.

Auch der Umweltverband BUND forderte, Vattenfall müsse die Bürger besser informieren. Jetzt sei Umweltsenatorin Jutta Blankau (SPD) in der Pflicht, „dafür zu sorgen, dass das Unternehmen alle Daten zum Probebetrieb offenlegt“, sagte BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch.

Vattenfall kündigte an, am heutigen Donnerstag werde der Brenner möglicherweise noch einmal gezündet. Die Techniker seien gebeten worden aufzuschreiben, was bei der Vorbereitung für das Kohlefeuer im Block B im Einzelnen geschehe, sagt Meyer-Buckow. „Dann werden wir auch informieren.“

20 Jun 2013

AUTOREN

Gernot Knoedler

TAGS

Hamburg
Erneuerbare Energien
Fürst Pückler

ARTIKEL ZUM THEMA

Umstrittenes Kraftwerk in Hamburg: BUND setzt auf Austrocknung

Vattenfalls neues Kohlekraftwerk im Stadtteil Moorburg soll kein Elbwasser zur Kühlung verwenden dürfen. Das will der Umweltverband BUND vor Gericht erstreiten.

Boom der Erneuerbaren: Aus für Kohle und Atom

Weil der Anteil erneuerbare Energien wächst, wird Kohle- und Atomstrom immer unrentabler. Einige Stromkonzerne wollen deshalb Kraftwerke abschalten.

Vattenfall gräbt historisches Areal um: Braunkohle statt Märchensee

Vattenfall baggert ein Gebiet in Sachsen ab, das Anwohner geschützt sehen wollen. Direkt daneben befindet sich ein Teil des Unesco-Weltkulturerbes.

Kulturelle Einflussnahme in Hamburg: Vattenfall-Kuratorin macht Druck

Die Organisatorin der Vattenfall Lesetage bedrängt Gäste der alternativen Lesetage. Sie machten sich mit Linksradikalen gemein.

Protest gegen Vattenfall: Demonstration für Fairness

Vattenfall will das Kraftwerk Moorburg mit menschenunwürdig erzeugter Kohle befeuern. Deshalb will das Bündnis gegenstrom.13 im Mai den Hafen blockieren.

Umweltschützer setzen sich durch: Kohlekraftwerk auf dem Trockenen

Anlage in Moorburg darf kaum Kühlwasser aus der Elbe entnehmen. Oberverwaltungsgericht gibt einer Klage des BUND statt.