taz.de -- Netzüberwachung durch GCHQ: Der britische Daten-Sauger
Über die Überwachung des britischen Geheimdienst GCHQ ist mehr bekannt als über das US-Programm „Prism“. Täglich werden 600 Millionen „Ereignisse“ erfasst.
BERLIN dpa | Der Skandal um die Überwachung des Internets durch westliche Geheimdienste kam mit Bekanntwerden des Programms Prism ins Rollen. Doch während immer noch nicht ganz klar ist, wie genau Prism funktioniert – Internet-Firmen bestreiten einen direkten Zugang zu ihren Servern, die US-Regierung bleibt vage – weiß man jetzt über das britische Gegenstück Tempora deutlich mehr.
Laut Unterlagen, die der US-Informant Edward Snowden [1][dem Guardian] übergab, zapft der britische Abhördienst GCHQ in großem Stil die Glasfaser-Leitungen an, über die der transatlantische Datenverkehr läuft. Die Operation mit dem Codenamen Tempora, bei der riesige Datenmengen für bis zu 30 Tage gespeichert und ausgewertet werden, läuft demnach seit rund 18 Monaten.
Das Ausmaß ist beeindruckend: Täglich seien schon vor einem Jahr 600 Millionen „Telefon-Ereignisse“ erfasst worden. 200 Glasfaser-Stränge seien angezapft worden, dabei habe der GCHQ Informationen aus 46 davon gleichzeitig absaugen können. Damit habe man theoretisch jeden Tag 192 Mal den gesamten Inhalt der British Library aufnehmen können.
Die Leitungen seien auf britischem Gebiet angezapft worden. Offenbar war dafür Kooperation aus der Wirtschaft notwendig. In den von Snowden übergebenen Dokumenten ist aber stets nur von „Partnern“ die Rede; die Namen der Unternehmen bleiben geheim. Sie seien zur Zusammenarbeit verpflichtet worden und müssten sie geheim halten.
22 Jun 2013
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