taz.de -- Snowden verlässt Hongkong: Venezuela möglicherweise
Wochenlang hatte sich Edward Snowden in Hongkong versteckt. Nun hat der von der US-Justiz gesuchte PRISM-Enthüller die chinesische Sonderverwaltungszone verlassen.
HONGKONG ap | Der Enthüller der großangelegten und hochgeheimen US-Datenüberwachungsprogramme, Edward Snowden, hat Hongkong verlassen und befindet sich auf dem Weg in ein Drittland. Das teilte die Regierung in Hongkong am Sonntag mit. Snowden sei die Ausreise erlaubt worden, weil ein US-Auslieferungsantrag nicht voll und ganz im Einklang mit den Gesetzen der chinesischen Sonderverwaltungszone stehe. Das US-Justizministerium hatte gegen den früheren Geheimdienstmitarbeiter am Freitag Strafanzeige wegen Spionage und Diebstahls von Staatseigentum gestellt.
Snowden sitze derzeit in einem Flugzeug mit Ziel Moskau, berichtete das Blatt South China Morning Post, das zuletzt mit dem 30-Jährigen Kontakt hatte. Die russische Hauptstadt sei jedoch nicht sein Endziel. Die Nachrichtenagentur ITAR-Tass meldete unter Berufung auf einen Mitarbeiter der Fluggesellschaft Aeroflot, Snowden wolle am Montag von Moskau nach Kuba fliegen und von dort aus in die venezolanische Hauptstadt Caracas reisen.
Snowden hatte Informationen über eine massive Internetüberwachung durch den US-Geheimdienst NSA an die Medien weitergegeben und sich dann nach Hongkong abgesetzt. Kürzlich belasteten seine Enthüllungen auch den britischen Geheimdienst, der in noch größerem Stil als die USA Daten gesammelt haben soll. Zuletzt hatte Snowden in Interviews einen Asylantrag in Island erwogen.
Snowden habe Hongkong „aus freien Stücken und über einen rechtmäßigen und normalen Kanal in Richtung eines Drittlands verlassen“, ließ die Regierung in Hongkong verlauten. Den US-Auslieferungsantrag habe man zur Kenntnis genommen.
Allerdings würden von Washington noch weitere Informationen über mutmaßliche Hackerangriffe auf Computernetzwerke in Hongkong durch US-Behörden benötigt, die Snowden enthüllt habe. Da die Hongkonger Regierung die Informationen jedoch noch nicht bekommen habe, habe sie auch keine rechtliche Handhabe, Snowden an einer Ausreise zu hindern. Darüber seien die USA auch informiert worden, hieß es weiter.
Hongkong hat zwar mit den USA ein Auslieferungsabkommen geschlossen. Allerdings schließt es politische Fälle aus – worauf sich Snowden hätte berufen können. Erst am Samstag hatte die US-Regierung Hongkong davor gewarnt, eine Auslieferung Snowdens hinauszuzögern.
Die Strafanzeige gegen Snowden wurde erst am Freitag von dem US-Bundesgericht bekanntgegeben. Sie wurde in Virginia gestellt, weil sich dort der Sitz seines ehemaligen Arbeitgebers Booz Allen Hamilton befindet. Das Unternehmen hatte Aufträge des Geheimdienstes NSA ausgeführt. Für die beiden Hauptpunkte Spionage und Diebstahl drohen Snowden bis zu zehn Jahre Haft.
23 Jun 2013
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