taz.de -- Kommentar Streik Neupack: Ein Lehrstück für die IG BCE

Ein kleines Unternehmen zwang fast die große IG Bergbau Chemie und Energie in die Knie. Neupack könnte wichtige Diskussionen in der Gewerkschaft anstoßen.

Es ist ein Lehrstück über modernes Gewerkschaftsbashing und die relative Hilflosigkeit einer großen Arbeitnehmervertretung, das sich in den letzten Monaten im Norden Deutschlands abspielte.

Ein kleines Familienunternehmen, angeführt von einem ausgewiesenen Gewerkschaftshasser, zwang fast die große IG Bergbau Chemie und Energie (IG BCE) komplett in die Knie. Deren Spitze in Hannover konnte lange Zeit nicht fassen, mit welcher Verbohrtheit sie es bei Neupack und Firmenpatriarch Jens Krüger zu tun hatte.

Das Gute am Konflikt: Die extrem sozialpartnerschaftlich orientierte IG BCE, sonst verwöhnt durch friedliches Miteinander bei BASF oder Bayer, erfuhr am eigenen Leib, dass es Unternehmer gibt, bei denen man mit Appellen nicht weit kommt. Die streikfreudige Belegschaft, die sich manches mal von ihrer Gewerkschaftsspitze im Stich gelassen fühlte, hatte das sehr früh begriffen.

So kann Neupack in der Gewerkschaft vielleicht Lernprozesse anstoßen: sarüber, wie man Konflikte führt und dass man Belegschaften Ernst nehmen muss. Gerade in den wenig beachteten, kleineren Familienbetrieben kommt es besonders häufig zu zermürbenden Arbeitskämpfen.

Für die Beschäftigten steht am Ende des Konflikts ein schaler Sieg. Statt eines kollektiven Tarifvertrags gibt es nur individuelle Arbeitsverträge. Aber immerhin verbindliche Tätigkeitsbeschreibungen, Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzung für alle. Das war vielleicht das Maximum, das nach acht Monaten Streik noch heraus zu holen war.

Eine wichtige Entscheidung steht noch aus: ob der umtriebige Betriebsratsvorsitzende Murat Günes seine Stelle behalten kann. Sollte er sie verlieren, wäre das ein später Sieg für die Inhaberfamilie Krüger - und ein schlechtes Zeichen für weitere Konflikte dieser Art.

2 Jul 2013

AUTOREN

Eva Völpel

TAGS

IG BCE
Neupack
Gewerkschaft
Arbeitsrecht
IG BCE
Arbeitskampf
Arbeitskampf
Neupack
Neupack

ARTIKEL ZUM THEMA

Wie man „Nichts-Tuer“ loswird: Kampf den Unliebsamen

In Bremen lehrt eine Anwaltskanzlei, wie man lästige Mitarbeiter besonders günstig loswird. Dieses „Union Busting“ ist ein lukrativer Markt.

Tarifstreit mit harten Bandagen: Schlammschlacht zum Weihnachtsfest

Um den Betriebsratsvorsitzenden loszuwerden, versucht die Verpackungsfirma Neupack, mittels einer Privatdetektivin seinen Arzt zu diskreditieren.

Konflikt bei Burger King: Betriebsräte sollen gehen

Ein Betriebsratsvorsitzender bei Burger King soll wegen einer Krankmeldung gekündigt werden. Ein vorgeschobener Grund, sagt die Gewerkschaft NGG.

Arbeitskampf bei Verpackungshersteller: Neupack will Streikbrecher einstellen

Die Gewerkschaftsphobie des Familienunternehmens Krüger, Besitzer der Firma Neupack, treibt skurrile Blüten. Nun will es Streikbrecher dauerhaft einstellen.

Arbeitskampf bei Neupack: Geordneter Rückzug

Die Beschäftigten des Verpackungsherstellers Neupack erstreiken Verbesserungen durch eine Betriebsvereinbarung. Nicht alle sind damit glücklich.

Konfliktreicher Arbeitskampf bei Neupack: Die Flexi-Verarschung

Beschäftigte der Firma Neupack kämpfen gegen willkürliche Lohnpolitik. Die IG BCE gibt eine sanfte Linie vor – und macht dabei keinen guten Eindruck.

Kommentar Neupack-Arbeitskampf: Ein falsches Signal

Die Aussetzung des Streiks ist ein falsches Signal, stattdessen müssen neue Arbeitskampfformen gegen Streikbruch entwickelt werden.

Präzedenzfall droht: Firma will Streik verbieten lassen

Die Gewerkschaft BCE setzt ihren Streik beim Verpackungsmittelhersteller Neupack aus. Der geht ganz neue Wege beim Arbeitsgericht.