taz.de -- Die Wahrheit: Schüsse aus dem Hubschrauber

Neues aus Neuseeland: Pseudo-Sportarten und andere perverse Arten von Freizeitbeschäftigungen.
Bild: Haka in Washington: Destiny Church am Lincoln Memorial.

Dass Angeln und Schach Sport sein sollen, kann mir niemand erzählen. Auch Jagen war für mich immer so eine Pseudoleibesübung und mir schon aufgrund der Garderobe zutiefst suspekt – nur etwas für Lodenfetischisten mit Gutshof und Hang zum Männerbündlerischen. Außerdem ist das „Sport“-Gerät eine Knarre, pfui bäh.

Meine Meinung habe ich radikal geändert, seit wir ein Stück ungerodetes Land an der Westküste besitzen. Dort wildern wilde Ziegen. Die werden von der Naturschutzbehörde als Schädlinge erlegt, aber wir machen das lieber selber, lodenfrei. Gibt kostenloses Biofleisch, Knochen für den Hund und ein hübsches Fell.

Die Verwandlung vom pazifistischen Städter zum Öko-Schießer ging bei meinem Mann erstaunlich schnell. Das muss tief als Instinkt angelegt sein. Wenn er zerkratzt von seinen Runden durch Gestrüpp und Regenwald wiederkommt und obendrein einen schweren Kadaver zurückschleppt, dann glaube ich ihm: Auf der Jagd, da kommt man ins Schwitzen, aber hallali! Alles andere daran ist nicht Sport, sondern Tötung, Häutung, Metzgerei. Als waschechte Jägersfrau protestiere ich daher gegen eine angebliche Sportart, die in Neuseeland zum Millionengeschäft geworden ist: das Heli-Hunting.

Nicht zu vergleichen mit Heli-Skiing, das den Jet-Settern unter uns sicher ein Begriff ist. Da lässt man sich vom Hubschrauber weit ab von den Pisten auf einem Berg absetzen und wedelt ins Tal. Würde ich gern mal ausprobieren, wenn der Tiefschnee und der kleine Aufpreis nicht wären. Und mein Mann hätte sicher nichts dagegen, für seine Ziegenpirsch mit dem Hubschrauber in die unberührten Wildnis Westlands zu fliegen, statt den immer gleichen Hang hinterm Housetruck hochzustapfen.

Aber das ist nicht Heli-Hunting. Heli-Hunting kam schon vor 40 Jahren in Mode und ist was für reiche amerikanische Touristen, manchmal auch Europäer oder Russen, die für ihr Hobby 5.000 Dollar am Tag hinlegen können. Hierbei geht es nicht um Fleischbeschaffung oder Schädlingsbekämpfung, sondern allein um Trophäen. Heli-Hunting heißt, den Hubschrauber selber für die Jagd einzusetzen. Klingt wie im Action-Film, gilt unter Neuseelands harten Jägern jedoch als Armutszeugnis. Außerdem hassen sie all den Lärm von oben.

Die perverseste Form dieser Freizeitbeschäftigung ist „hazing“. Der Helikopter selber jagt die Tiere über weite Strecken durchs Gelände, bis die prachtvollen Hirsche vor Erschöpfung mit Schaum vor dem Maul kollabieren. Diese Praxis ist mittlerweile verboten, ebenso wie das Schießen aus dem Cockpit heraus. Was allerdings noch geht, ist „herding“: Der Pilot treibt dem Jäger mit rotierendem Propeller das Wild vor die Flinte.

Peter Dunne, stellvertretender Naturschutzminister, will auch dem ein Ende setzen. Vier Hubschrauber-Firmen und zwei noble Jagd-Unterkünfte, die deshalb vor Gericht gezogen waren, wurden jetzt abgeschmettert und dürfen statt zehn nur noch zwei Jahre lang im Geschäft bleiben. Da meckern doch die Ziegen vor Schadenfreude.

24 Jul 2013

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Anke Richter

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