taz.de -- Wahlkampftour der Rechtspopulisten: „Pro“ gegen Muslime und die taz

Die rechte Kleinstpartei „Pro Deutschland“ startet eine Wahlkampftour gegen vermeintliche Islamisten und Linksextreme. Auch die taz bekommt Besuch.
Bild: Na dann, bis Donnerstag! Die Redaktion

HAMBURG taz | Keine Provokation werde angestrebt, keine Eskalation gesucht. „Informieren wollen wir“, erklärt das Bundesvorstandsmitglied von „Pro Deutschland“ („Pro“), Nico Ernst, „über die unterschätzte Gefahr des Islamismus und Linksextremismus“.

Ab dem 21. August plant die rechtspopulistische Kleinstpartei, in über 50 Städten mehr als 100 Wahlkampfkundgebungen vor Flüchtlingsunterkünften, Zentren und Moscheen auszurichten – auch vor dem Berliner Redaktionsgebäude der taz.

Am kommenden Mittwoch startet die Tour in Berlin. Gegen 9.30 Uhr will „Pro“ vor dem geplanten Asylbewerberheim in der Hellersdorfer Straße auflaufen. Die Partei unter dem Bundesvorsitzenden Manfred Rouhs hofft, von der aufgeheizten Stimmung in dem Berliner Bezirk gegen die Unterkunft zu profitieren. Ihre Forderung: „Nein zum Asylantenheim“.

Dem Aktionsplan zufolge hat „Pro“ an dem Tag noch vier weitere Kundgebungen angemeldet. Vor einem linksalternativen Wohnprojekt in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain wollen sie auch erscheinen.

Gegen „links“ geht es am Donnerstag in Berlin weiter. Vor verschiedene Redaktionshäuser planen sie zu ziehen. Die letzte Kundgebung des Tages möchten sie vor der taz abhalten.

Provokation gesucht

Warum bei der taz? „Weil sie eine linke Zeitung ist“, erwidert Ernst. Über die linke Szene allgemein sagt der Student: „Sie ist dem Thema Islam überhaupt nicht gewachsen“. In der Türkei würden der Moscheebau als Re-Islamisierung gesehen und in Deutschland nicht, sagt Ernst, der früher NPD-Mitglied war.

Von Berlin geht dann die Tour in 29 Tagen durch west- und ostdeutsche Städte, bis sie einen Tag vor der Bundestagswahl am 21. September zurück nach Berlin kehrt.

Die Auswahl der Kundgebungsorte lässt Zweifel an der Aussage aufkommen, keine Provokation zu suchen. So will „Pro“ vor vielen Moscheen auflaufen und erklärt, eine „multikulturelle Gesellschaft“ sei gescheitert, der Islam bedrohe die deutsche Nation. „Wir haben uns gezielt muslimische Zentren, Moscheen ausgesucht, wo Salafisten und radikale Islamisten ansässig sind“, sagt indes Ernst.

Bei der Landtagswahl 2012 in Nordrhein-Westfallen lösten sie durch Kundgebungen ähnlicher Art harte Auseinandersetzungen aus – auch mit Salafisten. „Pro“-Mitglieder hatten dort Mohammed-Karikaturen hochgehalten.

19 Aug 2013

AUTOREN

Andreas Speit

TAGS

Schwerpunkt Rassismus
taz
Rechtspopulismus
Pro Deutschland
Pro Deutschland
Pro Köln
Leipzig
Geheimdienst
Pro Deutschland
Peer Steinbrück
Berlin
Besser
Schwerpunkt Rassismus
Geert Wilders
Ukip
Salafisten
Ukip

ARTIKEL ZUM THEMA

Finanzierung von „Pro Deutschland“: Seltsame Software, satte Spenden

„Pro Deutschland“-Chef Rouhs vertreibt Microsoft-Programme mit zweifelhaftem Ursprung. Aus den Einnahmen wird die rechte Partei unterstützt.

Rechtextreme von „Pro Köln“: Pro extensives Sitzungswesen

Vier Ratsmitglieder von „Pro Köln“ stehen vor Gericht. Um Sitzungsgeld zu kassieren, sollen sie Hunderte Treffen vorgetäuscht haben.

Moschee-Bau im Leipzig-Gohlis: Streit im Paradies

Leipzig gibt sich weltoffen. Der Konflikt um eine Moschee zeigt aber ein anderes Bild. Am Samstag trafen Gegner, Befürworter und Neonazis aufeinander.

Geheimoperation der CIA in Deutschland: Navy Seals in der Sparkasse

Deutsche Geheimdienste betrieben zusammen mit der CIA eine Datenbank über Islamisten. Ziel der Operation unter dem Namen „Projekt 6“ war die Sauerlandgruppe.

Rechtspopulisten in Göttingen: Übergriffige Wahlkämpfer

Als er sich gegen Nazis äußert, bekommt es ein Schüler mit Aktivisten von „Pro Deutschland“ zu tun. Nun laufen die Ermittlungen.

TV-Spots zum Wahlkampf: Menschelnd versus Machtmensch

SPD und CDU starten nun ihre TV-Werbespots. Ein aufmerksam lauschender Spitzenkandidat steht einer selbstironischen Kanzlerin entgegen.

Flüchtlinge in Berlin: Umzug ins Ungewisse

Die ersten Bewohner haben die Unterkunft in Hellersdorf bezogen. Nach anfänglicher Ruhe ertönen auch fremdenfeindliche Parolen.

Kommentar „Pro Deutschland“: Hoffnung auf Eskalation

Die Rechtspopulisten von „Pro Deutschland“ wollen Krawall provozieren. Das soll ihnen Aufmerksamkeit im Wahlkampf bringen.

Kolumne Besser: Wählen Sie NPD!

Sie haben keine Lust auf etablierte Parteien, wollen aber Ihre Stimme nicht verschenken? Es gibt Alternativen. Erster Teil des großen Kleinparteien-Checks.

Anzeige wegen Volksverhetzung: „Sarrazin soll vor Gericht"

Der Berliner Rechtsanwalt Hans-Eberhard Schultz will die Justiz mit zwingen, doch noch gegen Skandalautor Thilo Sarrazin vorzugehen.

Kommentar Rechtes Anti-EU-Bündnis: Fiese Allianz

Die europäischen Rechtspopulisten überwinden ihre Differenzen und machen gemeinsam mobil gegen die EU. Patrioten dieser Welt vereinigt euch.

Wahlerfolge britischer Rechtspopulisten: Ukip on the Block

In Benfleet östlich von London holten die Rechtspopulisten der britischen Ukip bei Regionalwahlen 42 Prozent – kein Einzelfall. Ein Besuch an der Basis.

Friedlicher Protest gegen „ProNRW“: Nazis, haut ab!

Die Rechtspopulisten von „ProNRW“ protestieren in Bonn. Zu der „Großkundgebung“ kommen rund 70 Anhänger. Die Zahl der Gegendemonstranten ist deutlich höher.

Ukip-Partei in Grossbritannien: Gegen Arbeitslose und Migranten

Die Rechtspopulisten von der Ukip-Partei besetzen relevante Themen der politischen Agenda. Das setzt die Parteien unter Zugzwang.