taz.de -- Inflation in Deutschland: Teure Lebensmittel machen mürbe
Nahrungsmittel kosteten im Juli durchschnittlich 5,7 Prozent mehr als vor einem Jahr. Deswegen denken die Verbraucher, die Inflation sei stärker als sie tatsächlich ist.
BERLIN rtr | Wegen stark steigender Lebensmittelpreise ist die Inflation in der Wahrnehmung der deutschen Verbraucher deutlich höher als die offizielle Teuerungsrate. Nach Berechnungen der Großbank UniCredit lag die „gefühlte Inflation“ im Juli auf dem Jahreshoch von 2,9 Prozent, während der vom Statistischen Bundesamt berechnete offizielle Wert nur 1,9 Prozent beträgt.
„Treiber sind die höheren Lebensmittelpreise“, sagte der Deutschland-Chefvolkswirt von UniCredit, Andreas Rees, am Dienstag. Dadurch liegt die gefühlte Inflation über ihrem langjährigen Mittel von 2,5 Prozent.
Im Unterschied zum Statistikamt gewichten die UniCredit-Ökonomen die untersuchten Waren nach ihrer Kaufhäufigkeit. „Da Obst, Gemüse und andere Nahrungsmittel regelmäßig gekauft werden, fallen den Verbrauchern die Preiserhöhungen hier besonders stark auf“, sagte Rees. Preissenkungen bei langlebigen Gütern wie Computern werden dagegen weniger beachtet, da diese Waren nur selten gekauft werden.
Nahrungsmittel kosteten im Juli nach der offiziellen Statistik durchschnittlich 5,7 Prozent mehr als vor Jahresfrist. Das ist der kräftigste Anstieg seit fast fünf Jahren. Paprika verteuerte sich um 48 Prozent, Kartoffeln um 44 Prozent und Butter um 31 Prozent. Verantwortlich dafür sind Missernten nach den Wetterkapriolen der vergangenen Monate, aber auch eine wachsende Nachfrage in vielen Schwellenländern.
20 Aug 2013
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Wieder wird das Statistische Bundesamt eine niedrige Inflationsrate präsentieren. Doch die Berechnung ignoriert die soziale Spaltung in Deutschland.
In Import-Lebensmitteln aus China wurden 15 teils hochgiftige Chemikalien gefunden. Oft fehlt es Bauern im Reich der Mitte an Beratung.
Regionalität ist erstmals das wichtigste Argument beim Kauf von Ökoprodukten. Am liebsten werden die aber im normalen Supermarkt gekauft.
Die Sozialverbände laufen Sturm und fordern mehr Geld: Die Lebensmittelpreise steigen zum Teil um über 40 Prozent, doch die Hartz-IV-Sätze bleiben gleich.
Langer Winter, nasses Frühjahr, heißer Sommer: Schlechte Ernten machen Lebensmittel in Deutschland deutlich teurer. Änderung ist nicht in Sicht.