taz.de -- Vertiefung von Weser und Elbe: Kooperieren statt baggern
Umweltverbände kritisieren die Verschwendung von 700 Millionen Euro und machen einen Vorschlag, wie die Ökosysteme der Flüsse geschützt und zugleich Steuergelder gespart werden könnten.
HAMBURG taz | Für reine Geldverschwendung hält das Bündnis „Lebendige Tideelbe“ die geplanten Vertiefungen von Elbe und Weser. Stattdessen sollten durch eine Kooperation der großen Nordseehäfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven „wertvolle Ökosysteme an Elbe und Weser geschützt und Steuergelder gespart werden“, fordert das Bündnis der drei Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Naturschutzbund (Nabu) und World Wide Fund for Nature (WWF).
Aus einem am Montag in Hamburg vorgestellten Gutachten des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung in Berlin geht hervor, dass sich dadurch mehr als 700 Millionen Euro einsparen ließen.
„Es gibt keine koordinierte Hafenplanung“, bemängelte WWF-Hafensprecherin Beatrice Claus unter Berufung auf die Expertise. Diese kommt zu dem Schluss, dass bei einem Verzicht auf das Ausbaggern von Elbe und Weser allein 343 Millionen Euro Bundesmittel frei würden, die etwa in die Sanierung des Nord-Ostsee-Kanals gesteckt werden könnten.
Das Bundesverkehrsministerium sollte damit aufhören, „den kleinstaatlichen Subventionswettlauf der Seehäfen zu finanzieren und Flusslandschaften zu zerstören“, so Claus. Die restlichen eingesparten gut 460 Millionen Euro würden die Haushalte von Bremen und Hamburg schonen. Ein Festhalten an den Baggerplänen aber verursachte „gigantische Kosten für Steuerzahler und Umwelt“, kritisierte Hamburgs Nabu-Vorsitzender Alexander Porschke.
Vorwürfe, dass die Naturschutzverbände die Verfahren zur Vertiefung von Elbe und Weser verzögerten und damit letztlich Arbeitsplätze im Hafen gefährdeten, wiesen sie zurück. Dafür seien die Antragsteller verantwortlich, sagte Hamburgs BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. 2007 hätten sie bei der Elbe von den „besten Planunterlagen der Welt“ gesprochen – um dann festzustellen, dass europäische Naturschutzgesetze und auch die Wasserrichtlinie der EU nicht angemessen gewürdigt worden seien.
„Das hat jetzt zu vier, fünf Jahren Verfahrensverzögerung geführt“, sagte Braasch und fügte an: „Hätten die von Anfang an ordentlich gearbeitet, dann säßen wir heute vielleicht gar nicht hier.“ Zurzeit sind bei Weser und Elbvertiefung Rechtsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig und beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg anhängig. Wann mit höchstrichterlichen Urteilen zu rechnen ist, ist offen.
Der Unternehmensverband Hafen Hamburg wies die Argumentation der Umweltverbände zurück. Die Vertiefungen seien rentable Investitionen, „die Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und damit gesellschaftlichen Wohlstand sichern“.
9 Sep 2013
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