taz.de -- Interview mit Papst Franziskus: Bitte mehr Barmherzigkeit

Die Kirche soll sich barmherziger gegenüber Homosexuellen und Geschiedenen zeigen. Sonst klappe ihr moralisches Gefüge „wie ein Kartenhaus“ zusammen.
Bild: Papst privat: Er mag Mozart und Dostojewski.

ROM ap/afp | Papst Franziskus hat von der Kirche gefordert, Homosexuelle und Geschiedene mit „Barmherzigkeit“ zu behandeln. „Wir müssen ein neues Gleichgewicht finden, sonst droht das moralische Gebäude der Kirche wie ein Kartenhaus einzustürzen“, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche der Jesuitenzeitschrift Civiltá Cattolica, die das Interview am Donnerstag veröffentlichte.

In dem 12 000 Wörter umfassenden Artikel geht das katholische Kirchenoberhaupt näher auf seine Äußerungen zu Homosexuellen ein, die im Sommer für großes Aufsehen gesorgt hatten. Auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Brasilien hatte Franziskus im Juli gesagt: „Wenn eine Person homosexuell ist und Gott sucht – wer bin ich, um über sie zu richten?“

In dem Interview sagte Franziskus, er habe mit seinen Äußerungen im Sommer lediglich die Lehre der Kirche bekräftigt. „Eine Person hat mich mal auf provozierende Weise gefragt, ob ich Homosexualität gutheißen würde“, sagte er. „Ich habe mit einer weiteren Frage geantwortet: ‘Sag mir – wenn Gott eine schwule Person betrachtet, befürwortet er die Existenz dieses Menschen mit Liebe, oder weist er diese Person zurück und verurteilt sie?‘“

In dem Interview, das bereits im August geführt wurde, verrät Franziskus auch, welche Komponisten (Mozart), Künstler (Caravaggio), Autoren (Dostojewski) und Filme („La Strada“ von Fellini) er besonders mag.

Die katholische Kirche müsse wie ein „Feldlazarett nach einem Kampf“ sein, das die Wunden seiner Gläubigen heile und nach denen suche, die verletzt, ausgeschlossen oder abhanden gekommen seien, erklärte der Papst in dem Interview. Die Kirche habe sich zuweilen „in kleinen Dingen, in engstirnigen Regeln eingeschlossen“, klagte er.

20 Sep 2013

TAGS

Papst Franziskus
Homosexuelle
Interview
Katholische Kirche
Papst Franziskus
Papst Franziskus
Papst Franziskus
Papst Franziskus
Papst Franziskus
Papst Franziskus
Papst

ARTIKEL ZUM THEMA

Manifest des Papstes: Schafft der Oberhirte sich ab?

Franziskus will den Katholizismus reformieren. Vieles klingt gut: Der Papst bevorzugt schlanke Hierarchien und mag lieber offene als verschlossene Türen.

Kirchenreformer über neuen Papst: „Das Zölibat ist oft eine Fiktion“

Papst Franziskus sorgt für frischen Wind, sagt Christian Wiesner von „Wir sind Kirche“. Jetzt muss sich die deutsche Kirche bewegen.

Debatte Papst und Homosexuelle: Tröstlich – mehr aber auch nicht

Der Papst liebt also alle Menschen – auch die Homosexuellen. Na und? Das ist sein Job, aber kein Grund in Jubel auszubrechen.

Erneuerung im Vatikan: Kreuz aus Eisen statt eiserne Hand

Papst Franziskus stellt die Grundpfeiler der katholischen Kirche in Frage. Die Konservativen sind aufgeschreckt, die Folgen nicht abzusehen.

Papst besucht Brasiilen: Franziskus bei Jesus am Zuckerhut

Die Brasilianer lieben den Papst. Trotzdem sinkt die Zahl der Katholiken im Land immer weiter. Nicht alle freuen sich über den hohen kirchlichen Besuch.

Kommentar Papst in Lampedusa: Doch kein Popstar

Kaum macht der Papst etwas sozial Relevantes, verliert sich die Begeisterung für ihn. Sein Besuch auf Lampedusa wird zu einer Nachricht unter anderen.

Papst auf Lampedusa: Kritik an Europas Gleichgültigkeit

In einem demonstrativen Schritt besucht Papst Franziskus auf seiner ersten Fernreise die Flüchtlingsinsel. Er appelliert an mehr Solidarität.