taz.de -- Greenpeace und Russland: Internationale Solidarität

In 135 Städten gingen tausende Sympathisanten auf die Straße. Eine Onlinepetition hat bereits eine Million Unterschriften.
Bild: Hoffentlich kann der Eisbär die russischen Behörden ins Schwitzen bringen.

MÖNCHENGLADBACH taz | Wenige Tage nach der Inhaftierung von Greenpeace-Aktivisten wächst international der Druck auf Russland. Nach einem Aufruf von Greenpeace International gingen am Samstag in 135 Städten auf allen Kontinenten Tausende auf die Straße, um die Freilassung der Festgenommenen zu fordern.

Allein in Deutschland fanden in 45 Städten Mahnwachen und Aktionen statt. Bei einer Onlinepetition sind nach Angaben der Organisation bislang eine Million Unterschriften aus der ganzen Welt zusammengekommen.

Die russische Justiz hat die 28 Greenpeace-Aktivisten und zwei Journalisten aus 18 Ländern wegen „bandenmäßiger Piraterie“ angeklagt. Bei einer Verurteilung drohen ihnen bis zu 15 Jahre Haft.

Die Aktivisten hatten versucht, von dem Schiff „Arctic Sunrise“ aus eine Bohrinsel in der Arktis zu entern, um auf Umweltrisiken durch die Gas- und Ölförderung aufmerksam zu machen. Sie wollen am 8. Oktober in Anhörungen vor einem Berufungsgericht ihre Freilassung erreichen.

„Die Anklage gegen die Greenpeace-Aktivisten soll uns einschüchtern. Heute sind wir in der schwierigsten Lage seit 28 Jahren, als unser Schiff, die ’Rainbow Warrior‘, von französischen Militärs beschossen worden war“, erklärte der Chef von Greenpeace Polen, Maciej Muskat.

Seit mehreren Tagen schließen sich polnische Greenpeace-Mitarbeiter in einen Käfig im Zentrum von Warschau ein, um gegen die Haft ihrer Gesinnungsgenossen zu demonstrieren.

Inhaftierter britischer Aktivist erlitt Herzattacke

Die Staaten, aus denen die verhafteten Greenpeace-Aktivisten kommen, werden zunehmend diplomatisch aktiv. In der vergangenen Woche trafen sich auf Initiative der italienischen Außenministerin, Emma Bonino, die in Moskau akkreditierten Botschafter Italiens, der Niederlande, Großbritanniens, Dänemarks, Polens, Finnlands, Frankreichs und Schwedens, um über ein gemeinsames Vorgehen zu beraten.

Am Mittwoch bat das argentinische Außenministerium die russischen Behörden, die Haft der beiden argentinischen Greenpeace-Aktivisten in Hausarrest umzuwandeln. Das ukrainische Außenministerium überreichte einem Vertreter der russischen Botschaft eine Protestnote.

Nach einem Gespräch des britischen Außenministers William Hague mit John Sauven, Chef der britischen Sektion von Greenpeace, erklärte Hague, die Mitarbeiter des Konsulats seien in ständigem Kontakt mit den inhaftierten britischen Aktivisten.

Am Donnerstag war ein inhaftierter britischer Aktivist nach einer Herzattacke vom Notarzt behandelt worden. Anschließend musste er wieder in seine Zelle zurück. Finnlands Präsident Sauli Niinistö versicherte, dass das finnische Konsulat die inhaftierte Finnin Sini Saarela betreue.

Vorerst plane er jedoch nicht, die Freilassung der Umweltschützerin zu fordern, könne das doch als Versuch angesehen werden, sich in die Rechtsprechung eines anderen Staates einzumischen. Die australische Außenministerin Julie Bishop wollte von Igor Morgulow, dem russischen Vizeaußenminister, im Namen ihrer Regierung wissen, ob der „sehr schwerwiegende“ Piraterievorwurf gegen die Umweltschützer „angemessen“ sei.

Mit Spannung wird die Verhandlung der Haftbeschwerde des Fotojournalisten Denis Sinyakow am morgigen Dienstag erwartet. Zahlreiche Medien hatten sich für dessen Freilassung eingesetzt. Die Anklage gegen den Freelancer sei eine Verletzung des russischen Medienrechts, argumentierte die Menschenrechtlerin Ljudmilla Alexejewa von der Moskauer Helsinki-Gruppe.

6 Oct 2013

AUTOREN

Bernhard Clasen

TAGS

Greenpeace
Russland
Umweltschutz
Bohrinsel
Piraterie
Moskau
Russland
Russland
Greenpeace
Greenpeace
Greenpeace
Greenpeace
Greenpeace
Schwerpunkt Klimawandel
Greenpeace

ARTIKEL ZUM THEMA

Proteste in Russland: Die Opposition meldet sich zurück

Tausende demonstrieren in Moskau für die Freilassung aller politischen Gefangenen. Die Polizei zeigt sich gelassener als bei früheren Kundgebungen.

Greenpeace in Russland: Hoffnung für die Inhaftierten

Die niederländische Regierung beantragt eine einstweilige Anordnung beim Internationalen Seegerichtshof. Kommen die Aktivisten nun frei?

Legendärer Greenpeace-Seemann: Der Kapitän und der Knast

Peter Willcox steuerte das Greenpeace-Schiff in Russland, ehe er und seine Crew festgenommen wurden. Selten wurde er so hart bekämpft wie heute.

Greenpeace in Russland: Gezerre um Öko-Aktivisten

Die Justiz wirft den seit drei Wochen inhaftierten Umwelt-Aktivisten Drogenbesitz vor. Die Organisation weist die Vorwürfe zurück.

Umweltschützer in Russland in U-Haft: Greenpeace-Chef will Putin treffen

Ein Bürge für die Aktivisten, die in Haft sind – das will Greenpeace-Chef Naidoo sein, wie er Putin in einem Brief schreibt. Angekommen ist der im Kreml noch nicht.

Kommentar Soli-Demos für Greenpeace: Wie ein beleidigtes Kind

Der Kreml reagiert auf die internationale Solidarität mit den inhaftierten Aktivisten trotzig. Diese narzisstische Haltung führt mindestens in die Selbstisolation.

Festgenommene Aktivisten in Russland: Niederlande hilft Greenpeace

Jetzt schalten sich die Niederlande in den Streit um die festgehaltenen Greenpeace-Aktivisten der„ Arctic Sunrise“ ein. Das russische Vorgehen sei „illegal“.

Russland gegen Greenpeace: Anklage lautet auf Piraterie

Die in Russland festgesetzten Aktivisten müssen sich wegen „bandenmäßiger Piraterie“ verantworten. Aber es gibt überraschende Sympathisanten.

Einfluss der „Klimaskeptiker“: Nur die Sonne war schuld

Eine US-Gruppe von „Skeptikern“ leugnet den Klimawandel. Verdrehte Daten, persönliche Attacken und das Geld der Öllobby helfen dabei.

Kommentar Russland gegen Greenpeace: Paranoia im Kreml

Die absurde Reaktion ist mehr als bloße Härte gegen Umweltschützer. Putin glaubt, seine Claims in der Arktis abstecken zu müssen.