taz.de -- Schanzenviertel: Tiefgarage statt Anarchie

Die Pläne für eine Konzerthalle in der besetzen Roten Flora sorgen weiterhin für Diskussionen. Die offizielle Politik schweigt sich bislang dazu aus.
Bild: Unverkäuflich und nach dem Willen der Rot-Floristen weiterhin besetzt: die Rote Flora.

HAMBURG taz | Die Pläne des Eigentümers des besetzten autonomen Stadtteilzentrums Rote Flora, Klausmartin Kretschmer, auf dem Areal am Schulterblatt ein großes „Stadtteilkultur- und Veranstaltungszentrum“ mit einer integrierten Konzerthalle für 2.500 Besucher zu errichten, werden derzeit überall in der Stadt diskutiert. Doch die offizielle Politik schweigt sich bislang dazu aus.

„Alle Anträge sind eingegangen und werden geprüft“, erklärte die Sprecherin des zuständigen Bezirksamtes Altona, Heike Bahr. „Eine Bauvoranfrage wird nach den gesetzlichen Vorgaben des Bau- und Sanierungsrechts zu prüfen sein“, sagte Bahr weiter. „Der Bebauungsplan geht weiter im normalen Verfahrensgang.“

Das bedeutet: Die Bezirksverwaltung Altona wird den neuen Bebauungsplan „Sternschanze 7“, der von allen Fraktionen verabschiedet worden ist, weiterverfolgen. Gert Baer, der Immobilienberater Kretschmers, hat Einspruch gegen den Plan eingelegt – doch es wird einige Zeit dauern, bis sich zeigt, ob dies Erfolg haben wird.

Baer sieht in der Festschreibung der besetzen Roten Flora als Stadtteilzentrum eine „Enteignung“ seines Mandanten, der – obwohl er noch Anfang des Jahres mit der Insolvenz kämpfte – angibt, mit einer US-Investmentfirma das Vorhaben durchziehen zu können.

Am Montag war eine Stellungnahme der Stadtentwicklungsbehörde zu dem geplanten Großprojekt nicht zu erhalten. Auch eine Anfrage in der Senatskanzlei blieb unbeantwortet.

Immobilienberater Baer versucht indes herunterzuspielen, welche Probleme Kretschmers Bauvorhaben am Schulterblatt mit sich bringen könnte. Durch die geplante dreigeschossige Tiefgarage mit 300 Stellplätzen, von denen 100 „zu günstigen Mieten“ an Anwohner und Gewerbetreibende abgegeben werden sollen, sei sogar eine „erhebliche Verkehrsentlastung“ zu erwarten. Auch sei nicht zu erwarten, dass „die Schickimicki-Gesellschaft Hamburgs mit Smoking und Abendkleid“ einfallen werde, weil insbesondere Rock-, Pop- und Punkkonzerte geplant seien, so Baer.

Auch die Rote Flora wollte auf Anfrage keine weitere Stellungnahme abgeben und erst die Diskussion des Plenums am Donnerstag abwarten. „Es ist aber bekannt, dass uns immer egal war, wer der Eigentümer ist – die Flora ist und bleibt besetzt“, sagt eine Flora-Sprecherin.

7 Oct 2013

AUTOREN

Kai von Appen

TAGS

Wahlkampf
Hamburg
Rote Flora
Hamburg

ARTIKEL ZUM THEMA

Schwarz-rote Koalitionsverhandlungen: Ach Gott, die Mieten!

Das Thema Mietenpolitik spielt kaum eine Rolle. Im Wahlkampf war es eines der SPD-Kernthemen. Plötzlich erinnern sich die Genossen.

Linkes Kulturzentrum im Hamburg: Flora unter Naturschutz

Der Besitzer will mit einem Investoren die Rote Flora aufhübschen. Die Besetzer wittern Profitinteressen und haben womöglich mächtige Verbündete.

Kommentar Schanzenviertel: Budenzauber

Die Pläne des Eventmanagers Kretschmer und des Immobilienberaters Baer solle niemand leichtfertig als Spinnerei abtun.

Neue Pläne des Investors: Bewegung am Schulterblatt

Eigentümer des Gebäudes stellt Bauantrag für Veranstaltungszentrum und Konzerthalle. Den Bebauungsplan, der den Ist-Zustand absichern soll, ficht er an.

Ausverkauf linker Kultur in Hamburg: Investor entdeckt Rote Flora

Der Eigentümer plant mit einer Investmentfirma einen Neubau auf dem Areal im Schanzenviertel. Die Besetzer kündigen Widerstand an.