taz.de -- Kommentar Freihandelsabkommen: Der Bürger als Gefahr

Deutschland will die Offenlegung des Verhandlungsmandats vermeiden. Diese Haltung offenbart Abgründe im Demokratieverständnis.
Bild: Auch um Hähnchen geht es beim Freihandelsabkommen zwischen EU und USA. Andere Themen bleiben im Dunkeln

Die Begründung hätte scheinheiliger kaum sein können: Das europäische Verhandlungsmandat für ein Freihandelsabkommen mit den USA sollte nicht veröffentlicht werden, weil die Verhandlungspartner sonst die Strategie der Europäer kennen – und sich entsprechend darauf einstellen können. So die ursprüngliche Argumentation der EU-Kommission.

Das ist natürlich Quatsch. Spätestens seitdem bekannt geworden ist, dass die NSA die Kommunikation auch in Europa umfassend überwacht, und die Geheimdienste sogar EU-Büros verwanzt haben sollen, ist klar: Das EU-Mandat wird kein Geheimnis für die US-amerikanischen Unterhändler sein. Länder wie Frankreich sehen das mittlerweile ein und sprechen sich für eine Veröffentlichung aus. Es könnte also tatsächlich die notwendige Transparenz geben – schlüge sich Deutschland nicht auf die Seite der Veröffentlichungsgegner.

Diese Haltung offenbart Abgründe im Demokratieverständnis der deutschen Regierung. Da verhandeln Politiker über Belange der Bevölkerung – und die soll völlig außen vor bleiben. Weil jemandem auffallen könnte, dass das Mandat mehr Vorteile für die Wirtschaft bringt als für die Verbraucher. Oder weil in dem Abkommen später mehr Zugeständnisse stehen als in der ursprünglichen Verhandlungsgrundlage.

Das Mandat für das Freihandelsabkommen ist dabei nur die Spitze eines Eisbergs. Dass Verträge der öffentlichen Hand mit Privatunternehmen unter Verschluss bleiben ist genauso die Regel, wie langwierige und teure Auskunftsersuchen bei Behörden. Der Bürger ist gefährlich, also gibt man ihm im Zweifelsfall lieber keine Information. Genau dieser Bürger soll sich anderswo dann aber mündig verhalten. Auch diese Haltung ist scheinheilig.

20 Oct 2013

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Svenja Bergt

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