taz.de -- Kommentar Drohnenkrieg: Das Sterben der anderen
In den USA gibt es keinen öffentlichen Druck, den Drohnenkrieg einzuschränken. Auch Deutschland ist gefordert, nicht mehr mitzumachen.
Ganz genau wird es wohl niemals zu ermitteln sein, wie viele Zivilisten in den vergangenen Jahren in Pakistan, Afghanistan, Irak und Jemen durch US-Drohnenangriffe ums Leben gekommen sind. Der neue Bericht von Amnesty International versucht das auch gar nicht erst.
Er macht vielmehr anhand einer qualitativen Untersuchung in Pakistan deutlich, was die Drohnen anrichten. Zum Vorschein kommen mehr als die vielen Toten: traumatisierte Kinder, Familientragödien, eine verängstigte Bevölkerung zwischen den Fronten.
Man stelle sich nur einmal vor, in New Jersey würde eine 68-Jährige beim Gemüseernten vor den Augen ihrer Kinder von einer Rakete in Stücke gerissen, und in einem zweiten Angriff würden die herbeigeeilten Helfer attackiert. Käme ein solcher Angriff von außen, wäre das für jede US-Regierung ein Kriegsgrund.
Käme er von der eigenen Regierung, verblasste Watergate zur Lappalie. Aber es war eben nicht Barbara Doe, 68, aus New Jersey, sondern Mamana Bibi, 68, aus Ghundi Kala, Nordwestpakistan, die im Oktober 2012 von einer US-Rakete zerfetzt wurde. Ergo: kein Thema.
Kriegsverbrechen dürfen kein Mittel sein
Im Mai dieses Jahres hatte Präsident Barack Obama versprochen, seine Drohnenpolitik zu reformieren. Das war zumindest das Eingeständnis, dass die Praxis von immer mehr Angriffen mit immer mehr Toten so nicht weitergehen könne. Amnesty sagt jetzt: Nichts hat sich geändert.
Kein Wunder: In den USA selbst gibt es keinen öffentlichen Druck. Im Gegenteil: „Terroristen“ umzubringen, ohne US-Soldaten zu gefährden, ist populär. Der Rest der Welt ist gefordert, auch Deutschland, nicht mehr mitzumachen, keine Daten zu liefern und klar zu sagen, dass außergerichtliche Hinrichtungen und Kriegsverbrechen kein Mittel der Politik sein dürfen. Nur: Auch unsere Regierung tut ja so, als ob uns das nichts angeht.
22 Oct 2013
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