taz.de -- Beobachtung durch Verfassungsschutz: Linke droht mit Klagewelle
Die Linkspartei fordert nach einem Urteil aus Karlsruhe, dass ihre Abgeordneten nicht mehr überwacht werden. Ansonsten drohen sie der Regierung mit dutzenden Klagen.
BERLIN dpa | Die Linkspartei hat der Bundesregierung mit einer Klagewelle gedroht, falls die Beobachtung ihrer Abgeordneten durch den Verfassungsschutz nicht eingestellt wird. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) fordern Partei- und Fraktionsführung einen sofortigen Stopp der Überwachung als Folge eines Verfassungsgerichtsurteils von Anfang Oktober.
Danach dürfen nur noch Parlamentarier beobachtet werden, die ihr Mandat zum aktiven und aggressiven Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbrauchen. „Es gibt keine Abgeordnete und keinen Abgeordneten unserer Fraktion, die ihr Mandat zu einem solchen Kampf missbrauchen“, heißt es in dem Brief, der von den Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger sowie Fraktionschef Gregor Gysi unterzeichnet ist.
Falls die Beobachtung nicht eingestellt werde, würden sie jedem Abgeordneten zu einer Verwaltungsgerichtsklage raten. Auch gegen die Überwachung einzelner Strömungen der Partei sei eine Klage geplant. Kipping, Riexinger und Gysi gaben Merkel und Friedrich bis Ende November Zeit zu antworten. „Anschließend werden wir unsere Entscheidungen treffen.“
Wie viele Bundestagsabgeordnete der Linken beobachtet wurden und werden ist unklar. Zwischenzeitlich kursierte eine Liste mit 27 Namen. Offizielle Angaben gab es aber nie. Das Urteil des Verfassungsgerichts betraf den Fall Bodo Ramelow. Die Karlsruher Richter erklärten die Beobachtung des Fraktionschefs im thüringischen Landtag für unrechtmäßig.
Innenminister Friedrich hat daraus bisher aber keine Konsequenzen gezogen. Der Verfassungsschutz beobachtet extremistische Strömungen der Linken wie die „Kommunistische Plattform“, aber nicht mehr die Partei insgesamt.
29 Oct 2013
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Linke wird nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet. Dabei war die Überwachung längst nur ideologische Angstmache.
Jahrelang hat der Verfassungsschutz Abgeordnete der Linkspartei beobachtet. Zumindest für die Bundestagsfraktion wird diese Praxis eingestellt.
Falls die Überwachung ihrer Abgeordneten nicht beendet wird, will die Linkspartei wieder vor das Verfassungsgericht ziehen. Schon Ende Januar könnte sie klagen.
Die SPD unverdrossen als Hauptgegner zu traktieren, und insgeheim auf Rot-Rot-Grün 2017 zu hoffen, ist töricht. Die Linkspartei braucht eine kluge Strategie.
Der Linken-Politiker durfte nicht beobachtet werden. Das stellt Karlsruhe jetzt fest. Generell verbietet es die Überwachung von Abgeordneten nicht.
Niedersachsens Ex-Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gerät wegen Überwachung von Journalisten unter Rechtfertigungsdruck.
Tausende demonstrieren in Berlin gegen Überwachung. Ein Pofalla-Double erklärt mal wieder alles für beendet. Nur welche Partei wirklich aufklären will, bleibt offen.