taz.de -- Crowfunding für VS-Ausstellung: Aufklären und Zeichen setzen
Junge Wissenschaftler starten eine Crowdfunding-Kampagne für eine unabhängige Ausstellung über das Versagen des sächsischen Verfassungsschutzes.
„In guter Verfassung“ [1][hieß die Ausstellung], mit der das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz vor einem Jahr im Leipziger Rathaus gastierte. Ein mutiger und gleichzeitig grotesker Titel. Denn ein Jahr zuvor wurde mit dem Auffliegen des NSU eine regelrechte Lawine von Ermittlungspannen bei den Sicherheitsbehörden enthüllt, die das Ansehen des Inlandsgeheimdienstes tief in den Keller rutschen ließ.
In der Promo-Show des sächsischen Verfassungsschutzes wurde das Nazi-Terror-Trio nicht einmal erwähnt. Der Geheimdienst präsentierte sich durchweg als funktionstüchtiges „Frühwarnsystem“. Das sorgte in Leipzig für Ärger, der sich bei einer Diskussionsveranstaltung im Rahmen der Ausstellung zum Thema „Geheimdienste in der Bildungsarbeit“ Luft machte.
Auch der Verein [2][„Engagierte Wissenschaft“] hatte die Einladung angenommen, allerdings nur um eines klarzustellen: Der Verfassungsschutz sei „eine Demokratiebehinderungsbehörde“, erklärte das Vereinsmitglied Anne Mehrer, in ihrem Eingangsstatement. Schlimmer noch, die Arbeitsgrundlage der Behörde sei eine „reale Gefahr für die Demokratie“: Sie maße sich das Monopol über die Entscheidung an, wer noch zum Bereich des politisch Erlaubten gehört und wer schon als „ExtremistIn“ gilt.
Ein Jahr später plant der Verein seine eigene Ausstellung zum Verfassungsschutz. „Versagen mit System“ lautet der Arbeitstitel. Das will der Verein in der Ausstellung anhand von etwa 20 Einzelfällen historisch und systematisch nachweisen.
Versuch von unten
„Die Probleme mit dem Verfassungsschutz fingen ja nicht erst mit dem NSU an“, meint Vereinsmitglied Frank Schubert, und sie reichten bis zur Bespitzelungen von Anwälten und Journalisten in jüngster Zeit.
Finanziert werden soll das Ausstellungsprojekt über die [3][Crowdfunding-Plattform Startnext]. „Wir wollen das mal von unten versuchen“, sagt Schubert. Mit der Ausstellung will der Verein nicht nur aufklären, sondern auch ein Zeichen setzen für eine selbstbewusste und unabhängige Zivilgesellschaft. Wenn sich der Verfassungsschutz nicht abschaffen ließe, solle es wenigstens mehr demokratische Kontrolle geben, so Schubert. Die besten Verfassungsschützer wären ohnehin die Bürger.
Die Spendenkampagne läuft noch bis zum 09. Dezember. Am Freitag waren mit etwa 3.000 Euro knapp 60 Prozent finanziert. Wenn alles gut geht, soll die Ausstellung schon ab Frühjahr 2014 in unterschiedlichen deutschen Städten gezeigt werden.
23 Nov 2013
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