taz.de -- Wegen Zinsmanipulationen: Rekordstrafe gegen Banken

Acht Großbanken müssen insgesamt über 1,71 Milliarden Euro an die EU zahlen. Sie hatten international bedeutsame Zinssätze durch Absprachen manipuliert.
Bild: Die Intergrität der Deutschen Bank besticht besonders im Mondschein.

BRÜSSEL afp | Im Skandal um die Manipulation international bedeutsamer Zinssätze hat die Europäische Union eine Rekordstrafe gegen acht internationale Großbanken verhängt. Die Finanzinstitute müssen insgesamt 1,71 Milliarden Euro für Kartellabsprachen untereinander zahlen, wie die Europäische Kommission am Mittwoch in Brüssel mitteilte. Allein auf die Deutsche Bank entfalle eine Bußgeldzahlung von insgesamt rund 725 Millionen Euro.

Bei dem Skandal, der im Sommer vergangenen Jahres aufgeflogen war, geht es um die internationalen Referenzsätze Libor und Euribor. Der Libor ist der Zinssatz, zu dem sich Banken am Finanzplatz London untereinander Geld leihen. Der Euribor ist ein Zinssatz für Geldgeschäfte in der Währung Euro.

Die Geldbußen ergingen nach Angaben der EU-Kommission für Absprachen unter den Banken, die sich auf Finanzprodukte auswirkten, die an die Zinssätze gekoppelt sind. EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia erklärte, „schockierend“ bei dem Skandal sei nicht nur die Zinsmanipulation an sich, „sondern auch das abgestimmte Verhalten zwischen Banken, die eigentlich miteinander im Wettbewerb stehen sollten“. Die EU verhängte mit den Bußen eine Rekordstrafe im Kampf gegen Kartelle.

Neben der Deutschen Bank entfallen auch auf die Royal Bank of Scotland (RBS), die französische Société Générale, die US-Bank JPMorgan und die Citigroup hohe Millionenstrafen, wie aus der Mitteilung der Kommission hervorging. Die Société Générale muss demnach knapp 446 Millionen Euro zahlen für Manipulationen im Zusammenhang mit Euro-Zinsgeschäften.

Auf die RBS entfallen 391 Millionen Euro für Euro-Zinsgeschäfte und Libor-Geschäfte in der japanischen Währung Yen. Auch die Deutsche Bank war demnach war demnach sowohl am Euro- als auch am Yen-Kartell beteiligt.

Der Skandal geht auch zu Lasten anderer

Die Banken konnten Libor und Euribor manipulieren, da sie selbst täglich für die Ermittlung der Zinssätze befragt werden. Zur Gruppe der 31 Banken, die bei der Ermittlung des Euribor mitwirken, gehören aus Deutschland neben der Deutschen Bank auch die Commerzbank und die genossenschaftliche DZ Bank.

Der Skandal ist von großer Tragweite, da die Manipulationen zu Lasten anderer Banken, von Unternehmen und Privatverbrauchern gegangen sein dürften. Von der Entwicklung der Zinssätze sind viele Finanzprodukte abhängig. So können sich etwa die Höhe der Zinssätze für Festgeld daran orientieren oder die Renditen von Investment-Papieren wie Geldmarktfonds.

Die britische Großbank Barclays, um die der Skandal im Sommer 2012 aufgeflogen war, kam bei der EU ohne Strafe davon. Hintergrund sei, dass Barclays das Euro-Zinskartell aufgedeckt habe, teilte die EU mit. Beim Libor-Yen-Kartell ging die Schweizer UBS aus gleichem Grund straffrei aus. Sonst hätten nach Angaben der EU 2,5 Milliarden Euro Buße gedroht.

Die Chefs der Deutschen Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, erklärten, der „Vergleich“ mit der EU sei „ein wichtiger Schritt in unseren Bemühungen, Altlasten zu bereinigen“. „Einzelne Mitarbeiter“ des Konzerns hätten „schwere Verstöße gegen Werte und Überzeugungen“ der Deutschen Bank begangen. „Integrität ist einer der Kernwerte der Deutschen Bank“, erklärten Jain und Fitschen.

4 Dec 2013

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