taz.de -- LKA Sachsen entwickelt Software: Keine Nazi-App auf Streife
Der „Guardian“ schreibt über eine Nazi-App und das LKA Sachsen wundert sich. Illegale Musik soll nun in Sekundenschnelle erfassbar sein.
BERLIN taz | Die deutsche Innenministerkonferenz berate derzeit über eine „Nazi-App“, dies berichtete in dieser Woche ausgerechnet die britische [1][Tageszeitung The Guardian]. Die Entwicklung für Smartphones sei speziell zur Erfassung von rechtsradikalem Musikgut vorangetrieben worden, heißt es dort.
Das Landeskriminalamt Sachsen, die Entwicklerin der neuen Software, stellt nun klar, dass es sich dabei um einen „Digitalen-Audio-Fingerprint“ handelt, eine Software, die beschlagnahmte Dateien mit indexiertem Material abgleicht.
Die Neuentwicklung sei zudem nicht nur zur Erfassung rechtsradikaler Musikstücke gedacht, sondern erkenne alle strafrechtlich relevanten Songs. PolizistInnen laden sich also doch keine „Nazi-App“ auf ihr Handy, sondern durchsuchen verdächtige Datenträger mit Hilfe einer Software auf ihren Computern nach verbotenen Inhalten. Zur Entwicklung kam es, weil die Polizei sich bisher sichergestellte Musik anhören und mühsam mit einem Stapel illegaler Songtexte vergleichen musste.
Von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien werden derzeit rund tausend Stücke als illegaler „Rechtsrock“ kategorisiert, darunter Nazi-Marschmusik. Verbreitet werden nun Schlagertexte zur Volkshetze umgedichtet. Um Textzeilen wie „Was ist los mit dir Kanak? Da-da-da, Ich will dich nicht, ich hasse dich“ als Volksverhetzung zu erkennen, bedarf es allerdings auch keiner technischen Hilfsmittel.
Da der Index bekannt ist, werden illegale Songs auf einschlägigen Veranstaltungen nur noch selten gespielt, geben KennerInnen der Szene zu bedenken. Hier könne also auch keine Software mehr helfen. Die „Nazi-App“ indes bleibt eine Erfindung aus London.
6 Dec 2013
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ex-Nazis stellten Ex-Nazis an. Historiker ziehen eine Zwischenbilanz über die Naziverstrickungen des Bundesnachrichtendienstes.
Seit Jahren schwelt der Streit um die korrekte Zahl der Neonazi-Opfer. Bei 746 ungeklärten Todesfällen könnte ein rechtsextremes Tatmotiv dahinterstehen.
Der NPD-Landeschef zu achtmonatiger Haft auf Bewährung verurteilt. Er verkaufte verbotene Rechtsrock-CDs.
Der Bundesrat beantragt ein Verbot der NPD. Ihr Programm verletze den Kern des Demokratieprinzips, argumentieren die Bundesländer.