taz.de -- Nelson Mandela in der Popmusik: Mit Wut und Wucht

Während Margaret Thatcher Mandela einen „Terroristen“ nannte, forderte die Band The Specials seine Freilassung. In ihrem Lied ging sein Name um die Welt.
Bild: Ein Star: Mandela bei einem Konzert 2007.

Die Melodie seines Refrains, die simple Wiederholung von Nelson Mandelas Name, ging um die Welt. Er entsprach dem mäßigenden, aber kämpferischen Wesen Mandelas, seiner Methodik, dem unverhohlenen und menschenverachtenden Rassismus gegen Schwarze Würde und Stilsicherheit entgegenzuhalten.

1984 ist der Song „Free Nelson Mandela“ der britischen Band The Specials entstanden. „21 years in captivity / Shoes too small to fit his feet / His body abused, but his mind is still free / You’re so blind that you cannot see“, lautet seine erste Strophe. Es sind einfache Beobachtungen, feierlich, aber nicht pathetisch vorgetragen, die den Song über die eingekerkerte Symbolfigur Nelson Mandela so eindringlich werden lassen.

Die Geschichte der Popmusik ist von Anfang an eine Geschichte der Übertretung von Rassenschranken, eine Sphäre, in der der Kampf gegen Unrecht und Hass direkt ausgetragen wurde, angefangen beim Jazz und fortgeführt vom Rock ’n’ Roll, beides Musikrichtungen, die undenkbar wären ohne Solidarität, Freiheit und Sympathien für schwarze Musiker, aber auch für schwarze Radiohörer oder Konzertbesucher. Die Geschichte der Popmusik ist eine Geschichte der Migration, von Songs und Menschen, deren Leben und Karrieren durch die Musik eine andere Wendung genommen haben. In der Popmusik wurden die Themen des Rassismus direkt angesprochen.

Die Specials begannen bereits Ende der Siebziger mit Punk und New Wave, sie waren eine der wichtigsten Bands der Ska-Bewegung. Die britischen Jugendkulturen waren damals besonders politisiert. In ihnen kamen Jugendproteste zum Ausdruck, die die wirtschaftliche Misere im Thatcher-England, den hausgemachten Rassismus in Großbritannien offen kritisierten. Auch dagegen war „Nelson Mandela“ ein Fanal.

Antirassistisch im Styling

The Specials waren zugleich auch ein leuchtendes Beispiel der Integration. Sie hatten schwarze und weiße Bandmitglieder und spielten den genuin jamaikanischen Ska mit der Wut und der Wucht von Punk, aber auch mit der Stilsicherheit des Soul, und sie zitierten in dem Song auch die Gesangsformen südafrikanischer Popmusik.

Selbst in ihrem Styling kommt ein antirassistisches Element zum Tragen. Sie kleideten sich wie Jazzhipster der frühen sechziger Jahre. Auch das Cover ihrer Single ist ein Zitat alter Jazzplatten. Vorne drauf prangt ein Foto von Nelson Mandela in Schwarz-Weiß, hinten stehen ausführliche Liner Notes, die seine Situation schildern und eine Verbindung zum Rassismus im England der 80er Jahre herstellen. Das hat auf die Hörer unglaublich Eindruck gemacht.

Man muss sich die Entstehung des Songs „Nelson Mandela“ nochmals vor Augen führen. 1984 saß Nelson Mandela bereits 20 Jahre im Knast, in Südafrika herrschte eine spätkolonialistische Apartheidsregierung, die gegen Demonstranten etwa Nilpferdpeitschen einsetzte, während US-Präsident Reagan und die britische Premierministerin Margaret Thatcher Nelson Mandela mit dem Etikett „Terrorist“ versahen. Der Kalte Krieg zuckte noch ein bisschen, während der Song dazu beitrug, die Situation in Südafrika in den Fokus zu rücken. Die Band sang „Free Nelson Mandela“ sogar in der britischen Musikshow „Top of the Pops“.

Zu Mandelas vorgezogenem Fest zum 90. Geburtstag im Juni 2008 sangen die Specials den zur Hymne gewordenen Song noch einmal im Londoner Hyde Park, gemeinsam mit Amy Winehouse.

7 Dec 2013

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Julian Weber

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