taz.de -- Streik beim Versandhändler: „Amazon infantilisiert“

Schlechte Mitarbeiterbehandlung, miese CO2-Bilanz: Amazon könnte ein Imageproblem bekommen, sagt der Politikwissenschaftler Claus Leggewie.
Bild: Je schneller, je besser: Logistikzentrum von Amazon bei Augsburg.

BERLIN taz | Der Logistikkonzern mit acht Zentren in Deutschland zahlt hierzulande kaum Steuern, macht den Einzelhandel platt, versaut durch ein immer aufwändigeres Transportwesen die Umwelt und setzt die Mitarbeiter unter Dauerstress: Amazon müsste eigentlich ein massives Imageproblem haben. Doch die Verbraucher stehen in einem Zwiespalt.

„In der Vorweihnachtszeit ist es den Konsumenten wahrscheinlich wichtiger, dass die Pakete pünktlich kommen, als wegen eines Arbeitskampfs im Unternehmen nun weniger zu bestellen“, sagt der Politikwissenschaftler Claus Leggewie, Direktor des kulturwissenschaftlichen Instituts in Essen (kwi). Mittelfristig, so Leggewie, könnte Amazon aber „durchaus ein wachsendes Imageproblem bekommen“.

Denn das, womit Amazon wirbt, die schnelle Lieferung am nächsten, vielleicht sogar am gleichen Tag, „ist ökologisch schädlich“, so Leggewie, „das hat einen ungewöhnlich hohen CO2-Ausstoß zur Folge“. Die sofortigen Lieferungen sind transportaufwändiger als eine Bündelung der Aufträge in breiteren Transportströmen.

„Man müsste den Leuten vermitteln, dass ein wirklich cooles, umweltfreundliches Unternehmen eben nicht sofort liefern muss“, sagt Leggewie. Zumal die sofortige Erfüllung von Bedürfnissen via Knopfdruck auch „etwas Infantilisierendes hat“, sagt der Politikwissenschaftler.

„Consumer Citizens“ sind kritischer

Hinzu kommt, dass auch das System der Steuerentrichtungen im Logistikkonzern kritikwürdig ist. Da der europäische Kopf des Unternehmens in Luxemburg angesiedelt ist, werden in Deutschland trotz der Milliardenumsätze kaum Steuern gezahlt. Im Jahre 2012 entrichtete Amazon in Deutschland nur 3,2 Millionen Euro an Steuern. Und das, obwohl der Versandriese mit einer seltenen Monopolgewalt den hiesigen Einzelhandel in die Knie zwingt.

Aber würden Konsumenten reagieren, wenn Amazon weiter in Misskredit geriete? Und wieder im Buchladen vor Ort ihre Bücher bestellen, wo sie auch übernacht lieferbar sind? Ansätze eines moralischen Bewusstseins als „consumer citizen“ seien sichtbar, sagt Leggewie. Die Frage ist, wie Amazon das Unbehagen mancher Kunden einzuhegen weiß.

17 Dec 2013

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Barbara Dribbusch

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