taz.de -- Gerichtsurteil in der Schweiz: Haiti bekommt Duvalier-Geld zurück

Vier Millionen Euro, die Ex-Diktator Duvalier unterschlagen hat, gehen zurück nach Haiti. Das ist nur ein Bruchteil dessen, was „Baby Doc“ mitgehen ließ.
Bild: Steht derzeit unter Hausarrest: 2011 kehrte „Baby Doc“ nach Haiti zurück.

SANTO DOMINGO taz | Umgerechnet rund vier Millionen Euro sollen demnächst von Schweizer Konten, die dem ehemaligen haitianischen Diktator Jean-Claude Duvalier gehören, nach Haiti überwiesen werden. Den Betrag habe „Baby Doc“, so sein Spitzname, dem haitianischen Staat unrechtmäßig unterschlagen, entschieden die Juristenbehörden der Schweiz.

Bereits im September vergangenen Jahres hatte das Bundesverwaltungsgericht der Eidgenossenschaft in St. Gallen beschlossen, die seit Jahren eingefrorenen Konten in die Karibik zurückzuüberweisen. Dagegen hatte der heute 62 Jahre alte Duvalier Einspruch vor dem Bundesgerichtshof angekündigt. Nachdem die Einspruchsfrist ungenutzt verstrichen war, hat das Verwaltungsgericht, wie am Montag bekannt wurde, die Gelder endgültig freigegeben.

Die Millionen sind bereits seit 1986 blockiert, nachdem der haitianische Staat die Schweizer Regierung bei der Rückübertragung der Gelder erbeten hatte. Insgesamt ist von einer Summe zwischen 300 und 800 Millionen US-Dollar die Rede, die Duvalier bei seiner Flucht geraubt haben soll. „Baby Doc“ besaß getarnte Konten in den USA und anderen Steueroasen, aber nur in der Schweiz konnte die haitianische Regierung ihn als Inhaber identifizieren.

Seitdem tobte ein Rechtsstreit über die Eigentümerschaft der Gelder. Erst 2002 mit dem „Lex Duvalier“ ordnete der Bundesrat die Kontensperre auf Basis eines „Bundesgesetz über die Rückerstattung unrechtmäßig erworbener Vermögenswerte“ (RuVG) an. Danach leitete das Eidgenössische Finanzdepartment 2011 ein Einziehungsverfahren zur Rückerstattung an Haiti ein. Dagegen hatte die Duvalier-Familie geklagt und war vor dem Verwaltungsgerichtshof unterlegen.

Unklar ist, was mit den Zinsen und Zinseszinsen passiert, die sich in einem Vierteljahrhundert angehäuft haben. Auch über das weitere Rückgabeprozedere herrscht noch Unklarheit. Zwar hat das Gericht verkündet, das Geld werde so schnell wie möglich überwiesen. Jedoch müsse sichergestellt werden, dass der zurückgegebene Millionenbetrag nicht in falsche Hände geraten, sondern dazu beitragen soll, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern und den Rechtsstaat zu stärken.

Eigentlich müsste das Geld ohne Wenn und Aber dem haitianischen Staat zufließen. Aber die Schweiz hat Haiti wegen seiner ausufernden Korruption kritisiert. So könnte es passieren, dass Bern aus eigenem Gutdünken entscheidet, wohin und an wen das Geld überwiesen wird.

17 Dec 2013

AUTOREN

Hans-Ulrich Dillmann

TAGS

Haiti
Schweiß
Haiti

ARTIKEL ZUM THEMA

Vier Jahre nach Erdbeben auf Haiti: Flüchtlingen droht Zwangsräumung

Hunderttausende leben in Haiti immer noch in Zeltstädten. Tausenden von ihnen droht die Vertreibung, sagt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International.

Jahrestag des Erdbebens in Haiti: Leben in Trümmerhaufen

Zwei Jahre nach dem Erdbeben vegetiert ein Großteil der Bevölkerung Haitis in Notunterkünften. In der Hauptstadt Port-au-Prince steigen die Preise.

Neuer Regierungschef in Haiti: Ende der politischen Krise in Sicht

Die haitianische Regierung hat endlich einen Ministerpräsidenten. Gary Conille könnte frischen Wind bringen, aber die politische Krise ist noch nicht ganz ausgestanden.

Lockerung des Schweizer Bankgeheimnis: Baby-Doc-Millionen zurück nach Haiti

Ein neues Gesetz macht es möglich: Die auf Schweizer Bankkonten deponierten Gelder des Exdiktators Jean-Claude Duvalier können an Haiti zurückgehen. Es geht um Millionen.

Stichwahl in Haiti: Regierungskandidat steigt aus

In Haiti hat der Zweitplazierte bei der Präsidentenwahl nach Vorwürfen der Wahlfälschung seine Kandidatur zurückgezogen. Nachrücker ist ein Musiker.

25 Jahren Exil wieder in Haiti: Jetzt auch noch Baby Doc

Nach 25 Jahren im französischen Exil ist Exdiktator Jean-Claude Duvalier zurückgekehrt - zunächst nur für ein paar Tage. Was er dort will, blieb zunächst unklar.