taz.de -- Untreue-Vorwurf an NPD: Die Nazis und das liebe Geld

Wieder Probleme für die NPD: In Schwerin soll ihre Fraktion 80.000 Euro veruntreut haben. Und ihr Ex-Chef Apfel legt sein Landtagsmandat nieder.
Bild: Dicke Backen, nichts dahinter? NPD-Chef Udo Pastörs auf einer Kundgebung in Greifswald.

BERLIN taz | „Europa wählt rechts“, hat die NPD ihren Parteitag am Samstag im Thüringischen Kirchheim überschrieben. Es soll nach Stärke klingen. Die Realität freilich ist eine andere: Derzeit holen die Neonazi-Partei ihre Probleme wieder ein.

Eine Woche ist Udo Pastörs offiziell neuer Parteichef, am Samstag will er auch NPD-Spitzenkandidat zur Europawahl werden. Er hat aber einen prominenten Gegenkandidaten: Der Ex-Vorsitzende Udo Voigt. Seit Monaten sammelt der in „Freundeskreisen“ Unterstützer. Mehrere Parteiverbände haben sich dagegen auf Pastörs Seite geschlagen – der NPD droht eine Zerreißprobe.

Zudem plagen Pastörs hausgemacht Probleme. Er ist weiter auch NPD-Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern. Dort ließ am Donnerstag Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) der NPD einen Rückforderungsbescheid zukommen. Der Vorwurf: Die Fraktion soll rund 80.000 Euro veruntreut haben. Laut Rechnungshof soll der NPD-Mitarbeiter Marko Müller von Anfang November 2011 bis Mitte Januar 2013 nur zum Schein bei der Fraktion gearbeitet, aber dennoch Gehalt bezogen haben.

Als Indiz wird gewertet, dass Müller, auch Mitglied des NPD-Landesvorstands, über ein Jahr lang nicht mal einen Hausausweis des Landtagsgebäudes besessen habe. Ohne eine solche Magnetkarte aber kann das Schweriner Schloss nicht alleine betreten werden. Ende vergangener Woche hatte die Partei versucht die Vorwürfe auszuräumen - ohne Erfolg. Die Zuschüsse an die fünfköpfige Fraktion werden nun ab Februar um 10.000 Euro gekürzt. Zuvor erhielt sie monatlich 49.000 Euro.

Die NPD nannte die Vorwürfe in einer Mitteilung „einen Vorwand“, um der Fraktion Gelder vorzuenthalten. Man werde „unverzüglich“ Rechtsmittel einlegen. Tatsächlich dürfte die Rückforderung die Partei schmerzen. Pastörs selbst musste kürzlich einräumen, dass sich seine Partei „wirtschaftlich in einer höchst komplizierter Lage befindet“.

Die „Affäre Apfel“ lässt die NPD nicht los

Auch lässt die NPD die Affäre um ihren Ex-Chef Holger Apfel nicht los. Der hatte im Dezember hingeworfen und war aus der Partei ausgetreten. Wegen eines Burn-Outs, wie es zuerst hieß. Später warf die Partei Apfel vor, zwei junge Kameraden belästigt zu haben.

Auch den Vorsitz der sächsischen NPD-Fraktion hatte Apfel niedergelegt – nicht aber sein Landtagsmandat. In der Partei führte das erneut zu schweren Anschuldigungen. Am Freitag nun legte Apfel auch sein Mandat nieder, wie der neue Fraktionschef Johannes Müller mitteilte. Er sei „sehr erfreut“ über die „einvernehmliche“ Lösung, sagte Müller. Die Partei könne nun „ohne die Bürde eines ausgeschlossenen Abgeordneten“ in das Wahljahr gehen.

Apfel hatte seit 2004 die NPD-Fraktion im Landtag geführt. Ihm nachfolgen soll nun der sächsische NPD-Chef Holger Szymanski. Der hatte Apfel zuletzt vehement aufgefordert, sein Mandat niederzulegen. Dass sich der frühere Parteichef so lange zierte, wird in der rechtsextremen Szene in finanziellen Gründen vermutet. Die Linken-Abgeordnete Kerstin Köditz sagte, es sei zu hinterfragen, „unter welchen Bedingungen Apfel ging, um der Fraktion nicht zu schaden“.

##

Für den Bundesparteitag am Samstag gibt es also reichlich Diskussionsstoff. Wohlweislich wollen die Rechtsextremen hinter verschlossenen Türen tagen. Laut werden dürfte es aber davor: Mehrere Parteien und Initiativen kündigten Protest gegen die NPD an. Im Ort sollen „Kein Ort für Nazis“-Plakate aufgehängt werden.

Auch Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) erklärte, in Thüringen sei „kein Platz“ für die NPD. Sie warf der Partei vor, den „geistigen Nährboden für die NSU-Terrorzelle“ zu bilden. Deshalb trete sie „ganz entschieden“ für ein Verbot der NPD ein.

17 Jan 2014

AUTOREN

Konrad Litschko
Andreas Speit

TAGS

NPD
Rechtsextremismus
Schwerpunkt Holger Apfel
Udo Pastörs
Udo Voigt
NPD
Schwerpunkt Thüringen
NPD
Udo Pastörs
Magdeburg
Rechtsextremismus
Rechtsextremismus
NPD
Schwerpunkt Holger Apfel

ARTIKEL ZUM THEMA

NPD-Politiker als Mallorca-Kneipenwirt: Der Apfel fällt doch weit vom Stamm

Holger Apfel, bis vor kurzem eine Parteigröße der NPD, will sich nicht den Mühlen eines sühnenhaften Drills unterwerfen. Bürger wie ihn muss man ertragen.

Massenschlägerei in Thüringer Dorf: Rechte überfallen Kirmesfest

Eine Gruppe von 15 Rechtsextremen soll in der Nacht zum Sonntag in den Gemeindesaal von Ballstädt eingedrungen sein. Dort sollen sie die Gäste verprügelt haben.

NPD-Klage abgewiesen: Provokation bleibt Provokation

Während einer NSU-Gedenkdebatte im Schweriner Landtag standen NPDler auf und schwatzten in der Ecke. Dafür wurden sie jetzt zurecht gemaßregelt.

NPD stellt Europaliste auf: Erster Dämpfer für Udo Pastörs

Auf einem Parteitag wählt die NPD ihren Ex-Chef Udo Voigt zum Spitzenkandidaten für die Europawahl – und nicht den Parteichef.

Nazi-Aufmarsch in Magdeburg: „Auf Biegen und Brechen“

In Magdeburg konnten trotz breitem Protest Rechstextreme ihren „Trauermarsch“ ausrichten. Politiker machen die Polizei verantwortlich.

Anti-NPD-Video: Rechte stoppen Youtube-Hit

Patrick Dahlemann (SPD) demontiert bei einer NPD-Kundgebung rechte Parolen. Das Video davon lässt die NPD löschen – doch es kursiert weiter im Netz.

Rechte Szene in Deutschland: Nazis werden weniger

Die rechtsextreme Szene hat 2013 viele Anhänger verloren. Doch gerade die „subkulturell geprägten Rechtsextremisten“ bleiben gefährlich.

NPD-Parteichef Udo Pastörs: Der radikale Biedermann

In Saarbrücken richtet die NPD ihren Parteitag zur Europawahl 2014 aus. Udo Pastörs will den ersten Listenplatz.

Ehemaliger Parteichef verlässt NPD: Apfel abgefallen

Holger Apfel hat die NPD verlassen: Die Folge einer Intrige oder von berechtigten Vorwürfen? Die Linke warnt davor, die Neonazi-Partei nun zu unterschätzen.