taz.de -- Bundesbank-Vorschlag für Krisenländer: Reiche sollen retten

Droht ein Staat pleite zu gehen, soll er künftig einmalig eine Vermögensabgabe erheben, bevor Hilfe von EU beantragt wird. Das schlägt die Bundesbank jetzt vor.
Bild: Die Party ist vorbei!

FRANKFURT/MAIN dpa | Im Falle einer drohenden Staatsinsolvenz sollten Krisenländer aus Sicht der Deutschen Bundesbank künftig einmalig eine Vermögensabgabe erheben. Anstatt Hilfen der Partnerländer im Euroraum zu beantragen, könnten klamme Staaten spätestens bei drohender Überschuldung zuerst das Vermögen ihrer Steuerzahler anzapfen, schlägt die Bundesbank in [1][ihrem Monatsbericht (pdf)] vor, der am Montag in Frankfurt veröffentlicht wurde.

Schließlich sei die Haftung für Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten nach geltenden Regeln weitgehend ausgeschlossen. „Hilfsprogramme, die von den Steuerzahlern anderer Mitgliedstaaten finanziert werden, sollten nur im Ausnahmefall und als letzte Verteidigungslinie zum Einsatz kommen, wenn andernfalls die Finanzstabilität in der Eurozone massiv gefährdet wäre“, erklärte die Bundesbank.

Um das Vertrauen der Märkte nicht zu zerstören und um massive Kapitalflucht zu vermeiden, dürfe die Sondersteuer jedoch nur im äußersten Notfall und nur einmalig erhoben werden. Zudem müsse die Abgabe zügig erfolgen, um Steuerflucht zu vermeiden. Allerdings stelle sich die Frage nach einer Vermögensabgabe derzeit nicht, weil alle Euroländer sich entweder am Kapitalmarkt refinanzieren könnten oder in einem Hilfsprogramm steckten, so die Bundesbank.

Denn gut sechs Jahre nach dem Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise im Euroraum 2007/2008 bescheinigt die Bundesbank den betroffenen Staaten enorme Fortschritte. Für eine Entwarnung sei es aber noch zu früh. Auch wenn die Rezession überwunden ist und die Aufschläge für Staatsanleihen wieder sinken, dürften die Krisenländer in ihrem Reformeifer nicht nachlassen.

Positiv verbuchen die Experten etwa, dass die Länder ihre Leistungsbilanzdefizite weitgehend abgebaut hätten – neben stark rückläufigen Importen legten inzwischen die Exporte spürbar zu: „In den meisten Ländern verbesserte sich die preisliche und kostenseitige Wettbewerbsfähigkeit, und die Bemühungen, neue Auslandsmärkte zu erschließen, nahmen deutlich zu.“

Griechenland hinkt hinterher

Nur Griechenland hinkt noch hinterher, allerdings hatte das Land zum Ausbruch der Krise auch die größten Probleme. Seinerzeit importierten auch Irland, Spanien, Italien, Portugal und Zypern noch deutlich mehr als sie exportierten.

Die Krisenländer hätten weitreichende Strukturreformen auf Arbeits- und Produktmärkten in Angriff genommen. Die positiven Effekte kämen mit der nun erwarteten Konjunkturerholung erst richtig zum Tragen.

Dennoch ermahnt die Bundesbank die Regierungen, den Reformprozess konsequent fortzusetzen. Nur so könne das Wachstum eine Dynamik entfalten, die auch Beschäftigung schafft. Der teilweise dramatische Anstieg der Arbeitslosigkeit scheine zwar zum Ende zu kommen - allerdings auf einem bedrückend hohen Niveau.

Auch den Schuldenstand bekommen die Länder noch nicht in den Griff. Die staatlichen Schuldenquoten seien weiter deutlich gestiegen - auf teilweise sehr hohe Niveaus von weit über 100 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Defizite würden zwar sinken, seien aber weiter hoch. Die Bundesbank sieht weiterhin erheblichen Anpassungsbedarf. Insgesamt bleiben die öffentlichen Finanzen laut Bundesbank anfällig für negative Schocks.

27 Jan 2014

LINKS

[1] http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichte/2014/2014_01_monatsbericht.pdf?__blob=publicationFile

TAGS

Schwerpunkt Finanzkrise
Griechenland
Euro-Rettung
Portugal
Italien
Davos
Deutsche Bank
Sparmaßnahmen
Ratingagentur

ARTIKEL ZUM THEMA

Proteste in Portugal: Tausende gegen Sparmaßnahmen

Lohnkürzungen im Öffentlichen Dienst, Rentenkürzungen und Einschnitte im Gesundheits- und Bildungswesen – die Troika war mal wieder in Portugal. Der Protest folgt sofort.

Dilemma eines Krisenstaats: Waschmaschine 30 Euro zu teuer

Ein schwedischer Elektrogerätekonzern droht seiner Belegschaft in Italien mit drastischen Kürzungen und Entlassungen.

Abschluss Weltwirtschaftforum in Davos: Endlich mal verschnaufen

Entspannung in Davos: Die Krisenstimmung ist vorbei. Doch auf das Problem der Polarisierung von Einkommen und Vermögen gab es die bekannten Antworten.

Deutsche Bank mit Milliardenverlust: Primus im Minus

Durch ein dickes Minus im vierten Quartal 2013 schrumpft der Überschuss der Bank im Gesamtjahr deutlich. Schuld sind Altlasten aus der Finanzkrise. Die Aktie stürzt ab. senkt den Jahresüberschuss der Bank

Sparmaßnahmen in Griechenland: Neue Lasten für Patienten

Kranke Griechen müssen seit Jahresbeginn mehr für Behandlungen zahlen. So sollen 115 Millionen Euro eingenommen werden.

Finanzkrise anno dunnemals: Radio Bremen sendet Geld

Mit einer feinen Hörspielfassung von Émile Zolas Roman "Das Geld" verdirbt die Landesrundfunkanstalt so richtig schön die selig-satte Weihnachtslaune.

EU verliert Bestnote: Ratingagentur erniedrigt Europa

Standard & Poor's stuft während des Gipfels die Kreditwürdigkeit der EU herab. Das könnte die Finanzierung von Krediten erschweren.