taz.de -- Zeitschrift zu Homophobie in Osteuropa: Orthodoxie und Toleranz

Die Zeitschrift „Osteuropa“ widmet sich queeren Themen in Russland, Polen und Tschechien. Auch osteuropäische Stimmen kommen zur Geltung.
Bild: Keine Selbstverständlichkeit: Regenbogenflagge in St. Petersburg bei einer Demo im Mai 2013.

Publikationen zu Queerem gibt es nicht wenige, aber meist entstammen sie der Selbstperspektive, dem Lifestylesektor oder dem Bekehrungsfeld. Wissenschaftliche Veröffentlichungen zu Homophobie gibt es durch Journale, die im akademischen Bereich angesiedelt sind, so gut wie keine.

Osteuropa, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde, angesiedelt in Berlin, erweist sich zu den Olympischen Winterspielen tagesaktuell als jedem schnellen Medium ebenbürtig – im Gegensatz zu diesen aber auch vertiefend und erhellend.

„Spektralanalyse – Homosexualität und ihre Feinde“ heißt der Band, den ausgewiesene Experten wie Dan Healey („Zur Geschichte der Homosexualität in Russland“) und Ulrich Schmid über „Masken des Begehrens“ am Beispiel russischer Literatur bereichern.

Obendrein, und das ist der Clou dieses Buches, kommen osteuropäische Stimmen zur Geltung. Etwa Nikolai Mitrochin („Gottes Wort und Priesters Tat“) über die orthodoxe Kirche und die Homosexualität und Tomasz Kitlinski und Pawel Leczkowski (Titel: „Bipolar“) zur Homophobie und zur Toleranz in Polen: Es sind vorzügliche Aufsätze, wobei Mitrochins These als umstritten gelten kann.

Sind es die orthodoxen Kader, die das Putin-Regime im Hinblick auf die drakonische Durchsetzung ausschließlich heterosexuell-positiver Bilder vor sich hertreiben – oder nutzen das oligarchische Russland und der Kreml die Religion zur Begründung der antihomosexuellen Gesetze?

Kitlinski und Leczkowski berichten hingegen Tröstliches: wie ein antilibertäres Regime durch die EU-Rechtlichkeit eingehegt wurde – und im polnischen Mainstream eine gewisse Gütlichkeit in Sachen Homos gilt. Lesenswert!

17 Feb 2014

AUTOREN

Jan Feddersen

TAGS

Sotschi 2014
Zeitschriften
Osteuropa
WHO
Sotschi 2014
Sotschi 2014
Sotschi 2014

ARTIKEL ZUM THEMA

Diskriminierung in Russland: Fahrverbot für Transvestiten

Angehörige sexueller Minderheiten dürfen künftig keinen Führerschein mehr erwerben. So will Moskau die Zahl der Verkehrsunfälle reduzieren.

Schwul-lesbische Spiele in Moskau: Unter Beobachtung

Nach den Winterspielen soll in Moskau ein Sportfest von Schwulen und Lesben stattfinden. Wenn die Behörden nicht alles verhindern.

Google Queer: Google gibt sich politisch

Schillernde Farben zieren die Seite von Google. Der Konzern hat sein Logo in Regenbogenfarben eingetaucht – als Protest gegen Homophobie in Russland.

Kommentar Ban Ki Moon in Sotschi: Zwei couragierte Sätze

Er hätte einfach nur den Gepflogenheiten entsprechend schöne Spiele wünschen können. Doch Ban Ki Moon nutzte die Gelegenheit in Sotschi klare Worte zu finden.