taz.de -- Todesurteile in Indien: Späte Gnade für Attentäter
Drei Hintermänner des Mordes am früheren Premierminister Rajiv Gandhi müssen lebenslange Haftstrafen absitzen. Ihre Todesurteile wurden aufgehoben.
NEU DELHI afp | Indiens Justiz hat die Todesurteile für drei Hintermänner des Mordes am früheren Premierminister Rajiv Gandhi in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Der Oberste Gerichtshof des Landes rechtfertigte seinen Beschluss vom Dienstag damit, dass über die Gnadengesuche der Täter erst nach elf Jahren und somit viel zu spät entschieden worden sei.
Die Regierung hätte „innerhalb einer angemessenen Zeitspanne“ ihre Einschätzung zu einer möglichen Begnadigung abgeben müssen, über die in Indien letztlich der Staatspräsident zu befinden hat.
Rajiv Gandhi war im Mai 1991 durch den Anschlag einer Selbstmordattentäterin getötet worden. Die drei Männer, die der srilankischen Rebellenbewegung Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) angehörten, waren damals wegen der Planung des Attentats verurteilt worden.
Der Oberste Gerichtshof des Landes bestätigte 1999 die gegen sie verhängte Todesstrafe. Auch Rajivs Mutter, die frühere Premierministerin Indira Gandhi, starb 1984 durch ein Attentat. Seine Tochter Sonia Gandhi ist die Vorsitzende der regierenden Kongress-Partei.
Die Gnadengesuche landeten immer wieder in der Schublade
Das im Jahr 2000 beim indischen Staatspräsidenten eingereichte Gnadengesuch der drei Männer landete - auch unter dessen Nachfolgern - immer wieder in der Schublade. Erst 2011 wurde es endgültig zurückgewiesen. Mehrere Regierungen hatten vermeiden wollen, die große tamilische Bevölkerung im Süden des Landes zu verärgern, wo die Drahtzieher des Attentats als Helden gelten.
Die Gerichtsentscheidung vom Dienstag lobte ein Anwalt der Verurteilten nun als „menschliches“ Zeichen der Hoffnung, dass seine Mandanten eines Tages wieder frei kommen könnten. Ohnehin sei es „an der Zeit, dass die Todesstrafe in diesem Land abgeschafft wird“, sagte der Anwalt Yug Chaudhary dem Sender NDTV.
Vergangenen Monat hatte der Oberste Gerichtshof ein wegweisendes Urteil erlassen, mit dem zusätzliche Einschränkungen für die Hinrichtung von Häftlingen eingeführt wurden. Wegen „übermäßiger und unerklärlicher“ Verzögerungen bei der Vollstreckung ihrer Exekutionen wurden zudem die Todesstrafen von 15 Gefängnisinsassen aufgehoben.
18 Feb 2014
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Manche Persönlichkeiten begleiten die taz seit 45 Jahren. Einige sind ihren Idealen treu geblieben – andere nicht. Sechs Beispiele.
Im „Roten Korridor“ in Indien haben sich maoistische Rebellen und Polizisten einen blutigen Kampf geliefert. Die Maoisten fordern mehr Rechte für die Armen.
Indien hat die Gesetze gegen Vergewaltigung verschärft. Einen richtigen Opferschutz gibt es aber immer noch nicht. Die Gefahr erhöht sich sogar.
Eine 16-jährige Inderin hat sich angezündet, nachdem sie zum Opfer von Vergewaltigungen und Demütigungen wurde. Ihr Tod löst neue Proteste aus.
Premier Manmohan Singh wurde von Sonia Gandhi ausgesucht. Doch schon jetzt baut sie ihren 38jährigen Sohn Rahul als den künftigen Premierminister Indiens auf.