taz.de -- Kommerz nicht willkommen: Flora ohne Überbau
Bezirk Altona lehnt Pläne für eine kommerzielle Überbauung der Roten Flora ab. Strippenzieher Gert Baer will Gebäude von innen begutachten lassen.
HAMBURG taz | Die Niederlage kam erwartet. Am Montag verschickte das Bezirksamt Altona vier negativ beschiedene Bauvoranfragen. Adressaten der Schreiben: der Eigentümer der Roten Flora, Klausmartin Kretschmer, und der offiziell als sein Berater tätige Immobilienmakler Gert Baer. „Das geltende Bebauungsrecht steht diesen Bauanfragen rechtlich eindeutig entgegen“, nennt Bezirksamtssprecher Nils Fischer den Kern der Ablehnung.
Denn der Bebauungsplan „Sternschanze 7“, welcher Mitte Januar in Kraft trat, sichert die Rote Flora als nichtkommerzielles Stadtteilzentrum ab. Baer und Kretschmer aber wollten die Rote Flora mit einem riesigen Gebäudekomplex überbauen, in dem neben einer Veranstaltungshalle für mindestens 1.500 Personen auch Büro- und Einzelhandelsräume vorgesehen sind.
Das Veto traf Gert Baer, der inzwischen für Kretschmer die Zügel in Sachen Flora in der Hand hält, nicht unerwartet. Schließlich hat er längst angekündigt, den Bebauungsplan mit allen juristischen Mitteln anzugreifen. Kaum wurde Baer am Montag bekannt, dass ihn bezirkliche Post mit erwartbarem Inhalt ins Haus schneit, blies er auch schon zu einer neuen Attacke. Nun will er Baugutachtern den Zutritt zur Roten Flora verschaffen, um die Kellerräume zu inspizieren und den Komplex auf Einsturzgefahr zu untersuchen.
Die Flora-Visite soll nach Baers Ankündigung auch gerne gegen den Willen ihrer Dauerbesetzer stattfinden. Denn dann droht Streit, und den will Baer offensichtlich. Er sei verpflichtet, „sein Eigentum zu erhalten und zu pflegen“, lässt Baer sich zitieren: „Deshalb wollen wir sehen, was da los ist.“
Baer kann sich darauf berufen, dass der Eigentümer eines Gebäudes für die Standsicherheit desselben verantwortlich ist. „Wenn diese gefährdet erscheint, muss sich der Eigentümer mit unserer Bauprüfabteilung in Verbindung setzen“, skizziert Fischer das amtliche Verfahren. Das aber sei bislang „definitiv nicht geschehen“.
Werde dem Eigentümer der Zugang zu seiner Immobilie verwehrt, dann könne er diesen „gerichtlich einklagen“, so Bezirksamtssprecher Fischer. Doch eine solche Klage kündigte Baer bislang nicht an. Kretschmer selbst hat seit seinem Erwerb der Roten Flora im Jahr 2001 das Gebäude offiziell nie betreten.
Im Hamburger Senat hält man Baers neuen Vorstoß für einen seiner üblichen Versuche, Unruhe im Umfeld der Roten Flora zu erzeugen. „Der Baer steppt wieder“, sagt einer aus dem Umfeld des Bürgermeisters. Der Senat will Kretschmer mit allen juristischen Mitteln dazu zwingen, der Stadt das Gebäude zum Einkaufspreis von rund 190.000 Euro zurückzuverkaufen. Eile ist geboten. Die SPD will den Flora-Konflikt aus dem Bürgerschaftswahlkampf im kommenden Jahr heraushalten. Das aber weiß auch Gert Baer.
4 Mar 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der Hamburger SPD-Vize-Landeschef und Insolvenzverwalter des Eigentümers der Roten Flora, Nils Weiland, verhandelt mit der Stadt über den Rückkauf.
Wollte Eigentümer Klausmartin Kretschmer das autonome Zentrum durch Brandstiftung zerstören? Ex-Mitarbeiter erheben konkrete Vorwürfe.
Obwohl Flora-Eigentümer Klausmartin Kretschmer die Frist für eine gütliche Einigung verstreichen lässt, glaubt der Senat an eine schnelle Lösung.
Der Hamburger Senat will die Rote Flora zurückkaufen. Eigentümer Kretschmer spricht von einer Kriegserklärung – und holt sich mächtigen Beistand.
Der Senat will das linksautonome Stadtteilkulturzentrum für 1,1 Millionen Euro zurückkaufen. Der Eigentümer spricht von einer „Kriegserklärung“.
Rote Flora: Die Geschichte eines Spekulationsobjekts. Auf welcher Rechtsgrundlage und von wem könnte es geräumt werden?