taz.de -- Weniger Privilegien für Unternehmen: Strompreis-Rabatt nicht für alle
Wirtschaftsminister Gabriel hat angekündigt, rund 500 Firmen von der Ausgleichsregelung auszunehmen. Die EU hatte die Rabatte zuvor als unerlaubte Beihilfe kritisiert.
BERLIN rtr | Rund 500 der bislang 2100 Unternehmen mit Strompreis-Rabatten müssen wohl auf ihre Privilegien verzichten. Die Ausweitungen der Nachlässe zum Schutz der Industrie vor hohen Preisen sei in den vergangenen Jahren zu groß gewesen, sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Montag in der ARD. „Die müssen wir zurückführen.“ Man rede mit der EU-Kommission über 500 Unternehmen, die nicht mehr Teil der sogenannten besonderen Ausgleichsregelung sein sollten.
Die EU-Kommission wertet die Rabatte von jährlich über fünf Milliarden Euro auf die Umlage zur Ökostrom-Förderung für große Teile der Industrie als eine unerlaubte Beihilfe. Sie hat deswegen ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet. Die rund 2100 Unternehmen verbrauchen etwa die Hälfte des Industriestroms in Deutschland.
Deutschland und die EU haben sich bereits weitgehend angenähert. So sollen gewährte Rabatte aus der Vergangenheit nicht zurückgezahlt werden müssen und künftige Regelungen mit einer Übergangsphase bis 2018 eingeführt werden, wie aus einem EU-Entwurf für neue Beihilfe-Leitlinien hervorgeht, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.
Zudem sollen nach derzeitigem Stand die Betriebe aus einer Liste von 65 Branchen 20 Prozent der Ökostrom-Umlage zahlen. Diese aber nur bis zu einer Kappungsgrenze von 2,5 Prozent oder fünf Prozent ihrer Bruttowertschöpfung – je nach Energieintensität. Hier dringt die Bundesregierung noch auf Nachbesserungen. Die Zeit drängt, da am Dienstag die Novelle des Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), in dem auch die Rabatte geregelt sind, im Bundeskabinett beschlossen werden sollen.
7 Apr 2014
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Bundesregierung und die EU-Kommission haben sich über die Rabatte bei der Ökostrom-Förderung geeinigt. Der Industrie geht es besser als zuvor.
Die EEG-Umlage soll durch die geplante Reform nicht wesentlich stärker steigen als geplant. 500 Firmen könnten die Vergünstigungen verlieren.
Auch nach der Bund-Länder-Einigung werden private Stromkunden übermäßig zur Kasse gebeten – zum Nutzen von Industrie und Versorgern.
Überraschende Einigung beim EEG-Gipfeltreffen: Wind und Biomasse werden stärker ausgebaut. Damit gab Sigmar Gabriel Forderungen der Länder nach.
Die SPD unterstützt massiv die großen Stromkonzerne und bremst die Energiewende weiter aus. Einzelinteressen gehen ihr über alles.
Eine Papierfabrik hatte dagegen geklagt, dass die Netzagentur Zugriff auf das hauseigene Kraftwerk hat. Das Bundesverfassungsgericht sieht das anders.
Die Regierung schürt Panik: Die Industrie würde das Land wegen hoher Strompreise verlassen. Belegen kann sie ihre Behauptungen allerdings nicht.
Bis zu 65 Ausnahmen: EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia will der Industrie im Streit um das Erneuerbare-Energien-Gesetz weit entgegenkommen.
Dem EEG-Reformkonzept der Regierung stellt die Linke eigene Vorschläge entgegen. Sie sollen Kosten reduzieren, ohne die Energiewende zu bremsen.
Bei seiner Ökostrom-Reform spart Sigmar Gabriel die Deutsche Bahn aus. Damit muss sich das Unternehmen andere Begründungen für steigende Ticketpreise suchen.