taz.de -- Kindercomic-Klassiker Mumins: Die furchtlosen Flusspferd-Trolle
Dschungelabenteuer und Weltkriegsverarbeitung. Zwei Abenteuer der Mumins von 1946 und 1956 wurden in den Farben ihrer Zeit neu aufgelegt.
Der Berliner Comic Verlag Reprodukt begann 2008, die gesammelten Daily Strips von den legendären „Mumins“ neu zu veröffentlichen. Ab 1954 waren diese in täglicher Fortsetzung für die britische Tageszeitung The Evening News entstanden und erschienen schon bald weltweit – auf Deutsch beispielsweise im Hamburger Abendblatt.
Die sorgfältig hergestellte, sechsbändige Neuauflage belegt, was die finnischschwedische Künstlerin Tove Jansson (1914-2001) selbst einmal über ihr Werk sagte: „In meiner Arbeit hat es eine sehr klare Linie gegeben, in deren Verlauf meine Bücher immer weniger kindisch wurden.“ Tatsächlich richteten sich die Daily Strips vor allem an ein erwachsenes Publikum. Es sind komprimierte Meisterwerke mit Dialogen voll gelebter Toleranz und bohemehafter Subversion.
Trotzdem hatte Tove Jansson in den 1940er Jahren zunächst für Kinder mit den Geschichten dieser an Flusspferde erinnernden Trolle begonnen. Daher sind die frühen Abenteuer der eigenwilligen Bewohner des Mumintals auch deutlich handlungsorientierter – ein bisschen spannend, aber stets mit einem versöhnlichen Ende versehen. In Deutschland erschienen die Mumins ab Ende der fünfziger Jahre selbstverständlich für junge Leser in Jugendzeitschriften und Kinderbuchverlagen.
Das hatte manchmal zur Folge, dass die Texte in der Übersetzung vereinfacht oder „kindgerecht“ vereindeutigt wurden. Verkitschte Trickfilme und eine Flut von Merchandising-Artikeln verstellten den Blick auf das ursprüngliche Werk mit seinem subtilen Humor. Nun aber sind zwei Klassiker aus der frühen Schaffensperiode Tove Janssons wieder originalgetreu aufgelegt. Anders als die für den Zeitungsdruck schwarz-weiß gezeichneten Fortsetzungscomics erscheinen diese beiden Bücher ausdrücklich als „Kindercomic“ und in den Farben ihrer Entstehungszeit.
„Mumin und der Komet“ schrieb Jansson gemeinsam mit ihrem Bruder Lars 1946. Die Geschichte über den drohenden Absturz eines Kometen über dem Mumintal entstand wohl unter dem unmittelbaren Eindruck der Weltkriegserfahrung. Trotz der den Mumins ganz eigenen optimistischen Grundhaltung – „Retten wir uns nicht immer in letzter Minute?“ – verbreitet sich unter ihnen eine ratlose Untergangsstimmung. Das bietet dem gierigen Stinky und auch Mumins Freund Schnüferl sogleich die willkommene Gelegenheit zu einem letzten Geschäft. Andere lassen es beim Tanz mit Palmwein lieber noch mal krachen.
Erfreut über ein neues Abenteuer
Etwas weniger bedrohlich geht es in dem Band „Ein Urwald im Mumintal“ von 1956 zu. An einem heißen Sommertag treibt bei den Mumins eine Kiste mit Tropensamen an. Um den anderen eine Freude zu machen, pflanzt die Muminmama – man sieht sie nie ohne Handtasche – die Samen ein. Nach einem heftigen nächtlichen Gewitter verwandelt sich das Mumintal in einen dichten Dschungel. Erfreut über ein neues Abenteuer, vertauscht Muminpapa sofort seinen Zylinder mit dem Tropenhelm vom letzten Kostümball.
Um es noch spannender zu machen, befreit Stinky ein paar wilde Tiere aus dem benachbarten Zoo. Schon bald sind die fleischfressenden Pflanzen gezähmt sowie die Tiger und Nashörner als neue Freunde aufgenommen. Doch plötzlich rückt eine Armee von Zoowärtern an, um die entflohenen Tiere wieder einzufangen. Die merkwürdigen Flusspferde wollen sie gleich einkassieren. Da kommt ihnen die Wissenschaft in Gestalt eines Biologen zu Hilfe: „Kraft meines akademischen Rangs erkläre ich, dass die Mumins nicht im entferntesten mit Flusspferden verwandt sind.“
Wieder einmal gerettet – in letzter Minute.
19 Apr 2014
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