taz.de -- Kommentar Ostukraine: OSZE als Geisel missbraucht
Mitglieder der militärischen Beobachtermission sind in der Gewalt von prorussischen Milizen. Der Westen muss auf einer bedingungslosen Freilassung bestehen.
Es ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten, Mitglieder der militärischen Beobachtermission der OSZE nicht nur ihren Job nicht machen zu lassen, sondern sie auch noch wie Schwerstverbrecher festzusetzen. Immerhin befinden sich diese Beobachter auf Einladung der Kiewer Regierung in der Ukraine und auf der Grundlage des Wiener OSZE-Dokuments aus dem Jahre 2011. Und dieses hat auch Russland unterzeichnet.
Doch solche Nebensächlichkeiten interessieren den selbst ernannten Bürgermeister von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, dem ein gewisses Maß an Größenwahn attestiert werden kann, natürlich nicht. Stattdessen will er die „Kriegsgefangenen“ nur im Austausch gegen inhaftierte Gesinnungsgenossen freilassen.
Dieser jüngste Vorfall macht vor allem eins klar: Diejenigen, die dem Genfer Abkommen vom 17. April von Anfang an skeptisch gegenüberstanden, könnten am Ende recht behalten. Von einem Gewaltverzicht, der Entwaffnung aller illegalen Kräfte und der Räumung der besetzten Gebäude ist weit und breit nichts zu sehen. Im Gegenteil: Die prorussischen Aktivisten sind offensichtlich fest entschlossen, nicht das Feld zu räumen und am 11. Mai ein Referendum durchzuziehen.
Russland macht bislang keine Anstalten, mäßigend auf das Treiben der sogenannten Separatisten einzuwirken. Das wirft die Frage auf, inwieweit Moskau überhaupt noch die Fäden im Osten der Ukraine zieht. Mittlerweile scheint nicht mehr ausgeschlossen, dass die prorussischen Aktivisten – noch immer die großen Unbekannten – der Kontrolle des Kremls entglitten sind.
Und der Westen? Er darf sich auf keinen Fall auf den von Ponomarjow vorgeschlagenen Kuhhandel einlassen und muss auf einer bedingungslosen Freilassung der OSZE-Beobachter bestehen. Alles andere wäre absurd!
27 Apr 2014
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