taz.de -- Flüchtlings-Reportage im ZDF: Mit dem Gummiboot in die EU
Endlich Qualität zur besten Sendezeit: Mit der Dokumentation „Riskante Reise“ setzt das Zweite ein Statement gegen die Abschottung.
Kaum ein Sendeplatz schwankt so sehr zwischen Quatsch und Qualität wie „ZDFzeit“ am Dienstagabend. Zuletzt traten hier Mode- oder Fastfoodketten gegeneinander an. Heute Abend machen die Programmplaner aber vieles von ihrer Einfallslosigkeit wieder wett. „Riskante Reise – Europa und die Flüchtlingsströme“ heißt der Film, der nicht nur nach einem Krimi klingt.
In 45 dichten Minuten hält das ZDF den EU-Politikern, die Europa lieber abschotten und ihre Grenzkontrollen hochrüsten, als zu helfen, ihre eigene Hilflosigkeit vor.
Als Fahrer getarnt begleiten die Journalisten einen Schlepper. Der kauft Schlauchboote für die Überfahrt – das Modell für planschende Kinder, weil es sich schneller aufblasen lässt. Für die Getriebenen geht es damit in der Dunkelheit der Nacht und im tiefen Nebel über den Grenzfluss nach Bulgarien. Die, die es geschafft haben, berichten von ihrer Angst: Wäre eines ihrer Kinder abgerutscht, hätten sie es niemals retten können.
Noch wahnsinniger wird das alles natürlich, wenn es von Nordafrika nach Lampedusa geht. Der Film zeichnet eines der bislang größten Dramen vom Oktober 2013 eindrucksvoll nach, bei dem 200 Menschen ihr Leben lassen mussten, weil die Küstenwachen sogar akut Notleidende als politische Spielbälle missbrauchen.
Das alles hat die Produktionsfirma Elbmotion für das ZDF in hochglänzende Bilder verpackt, die bisweilen auf Stilmittel des Fiktionalen zurückgreifen – ihr Spezialgebiet. Das Risiko, die Sache zu sehr zu dramatisieren, drohte hier ohnehin nicht: Der Stoff an sich ist an Tragik nicht zu überbieten. Dass ihn das ZDF kurz vor der Europawahl zur besten Sendezeit platziert, dürfte ein Statement sein. In jedem Fall aber ist es eine Wohltat für den reichlich strapazierten Sendeplatz – kein Quatsch, endlich Qualität.
20 May 2014
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