taz.de -- Kommentar Krise der Linken-Spitze: Die Linke in der „No-Go“-Zone

Die Linke scheint ihre Scheu vor der Macht zu verlieren. In einem Papier der Parteispitze finden sich „unzumutbare“ Worte über Genossen.
Bild: Die Grenze des Zumutbaren erreicht: Katja Kipping

Es hört einfach nicht auf bei der Linkspartei. Zwei Jahre war es relativ friedlich bei den Genossen – jetzt wird wieder mit Dreck geworfen. Der Anlass: In Parteichefin Katja Kippings Vorstandsbüro soll vor der Bundestagswahl ein Papier verfasst worden sein, dessen Sprache und Haltung menschenverachtend ist. Abgeordnete werden als „No-gos“ bezeichnet. Es wird gewarnt, die Fraktion nicht zur „personellen Resterampe“ verkommen zu lassen, ein Mitarbeiter der Pressestelle wird als „überflüssig“ abgewertet.

Klar, wer Macht ausüben will, muss auch strategisch denken. Politik ist immer noch ein ziemlich schmutziges Geschäft, und gemeinsame Parteimitgliedschaft ist weiß Gott kein Freundschaftsversprechen. Aber die Führungsspitze einer Partei – zumal der ewig streitenden Linken – muss sich schon fragen lassen, wie es zu diesem üblen Kader-Agitprop kommen konnte. Eine Führung übrigens, die ganze zwei Tage Zeit brauchte, um sich von den zitierten Passagen auch inhaltlich zu distanzieren.

Der einstige Parteivorsitzende Lothar Bisky hat über seine Partei einmal gesagt: „Man sagt uns nach, wir hätten Scheu vor der Macht. Da ist etwas dran.“ Diese Scheu scheint überwunden. Im Karl-Liebknecht-Haus schlagen kühle Politstrategen mittlerweile offenbar einen menschenverachtenden Ton an. „Resterampe“, „No-go“, „überflüssig“ – das ist die Wortwahl von Unternehmensoptimierern. Die Sprache der Macht.

Schon gibt es erste Konsequenzen. Die Berliner Abgeordnete Halina Wawzyniak hat ihren Posten als stellvertretende Fraktionsgeschäftsführerin zurückgegeben. Für sie ist „die Grenze der Zumutbarkeit erreicht“. Als zumutbar scheint einiges in der Linkspartei zu gelten. Die Frage ist, ob alle gewählten Abgeordneten dies weiter ertragen wollen.

4 Jun 2014

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Anja Maier

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