taz.de -- Streit zwischen Amazon und Verlag: Steven Colbert, der Buchdealer

Amazon hat wegen eines Streits über E-Book-Preise den Verlag Hachette aus seinem Angebot gestrichen. Comedian Steven Colbert will sogleich als Verkäufer einspringen.
Bild: „Ich habe nicht bei Amazon gekauft“: Steven Colbert setzt seine Lust an der Provokation stets geschickt ein

NEW YORK ap | Prominente Autoren machen in den USA Front gegen den Amazon, der ihre Bücher wegen eines Streits mit ihrem Verlag Hachette aus dem Programm genommen hat. Hachette, US-Ableger des französischen Konzerns Lagardere, kündigte am Donnerstag Entlassungen an. Betroffen seien weniger als drei Prozent der Belegschaft, hieß es in einer Mitteilung. Der Stellenabbau sei vor dem Disput mit Amazon beschlossen werden, um das Unternehmen in schwierigen Zeiten widerstandsfähiger zu machen. Lagardere hatte im Mai einen weltweiten Umsatzrückgang um 6,2 Prozent gemeldet.

Der Satiriker und Comedy-Star Stephen Colbert griff zuvor in seiner Sendung am Mittwoch den Onlineversandhändler an, der auch für sein Buch „America Again“ wegen einer Auseinandersetzung mit seinem Verlag derzeit keine Bestellungen entgegen nimmt. Colberts Gast, Hachette-Autor Sherman Alexie, empfahl eine weitere Hachette-Autorin, die Amazon derzeit nicht verkauft: Edan Lepucki und ihren Debütroman „California“.

Im Streit zwischen Amazon und Hachette geht es Berichten zufolge um die Preisgestaltung für E-Books, die in den USA einen Marktanteil von 30 Prozent haben. Hachette-Autor James Patterson wirft dem Online-Händler vor, ein Monopol im Buchhandel anzustreben. Ein anderer Autor, John Green, sorgt sich, dass Amazon „Verlage in die Nichtexistenz drangsalieren“ werde. Green veröffentlicht bei Penguin Random House.

Colbert sagte, er wolle beweisen, dass er „mehr Bücher als Amazon“ verkaufen könne. Er rief seine Zuschauer auf, Lepuckis „California“ bei einem unabhängigen Buchhändler, [1][Powell's Books], zu kaufen. Er präsentierte zudem einen Aufkleber mit der Aufschrift: „Ich habe nicht bei Amazon gekauft.“ Am Donnerstag war „California“ Nummer eins auf der Verkaufsliste bei www.powellsbooks.com. Das Buch wird im Juli veröffentlicht.

Autorin ist Alexie dankbar

Lepucki sagte am Donnerstag, sie sei Sherman Alexie „extrem dankbar“. Colbert habe die Diskussion über die Verlagswelt hinaus erweitert. Freunde hätten ihr in Emails geschrieben, dass sie ihr Buch bei Amazon bestellen wollten, es dort aber nicht erhältlich sei. „Sie hatten keine Ahnung von dem Streit, deshalb ist es klasse, dass es nun Leute mitbekommen, die es sonst nicht erfahren hätten“, sagte sie.

Hachette-Sprecherin Carrie Neil sagte, die Nachfrage nach „California“ wachse in einem erstaunlichen Tempo und der Verlag werde wohl die Auflage erhöhen müssen. Amazon wollte sich nicht äußern.

Auch die britische Bestseller-Autorin J.K. Rowling hat sich in dem Streit zu Wort gemeldet, nachdem ihr in den USA bei Hachette unter dem Pseudonym Robert Galbraith erscheinender Roman „The Silkworm“ von Amazon derzeit nicht angeboten wird. Auf Twitter [2][bemerkte Rowling], es gebe viele Möglichkeiten, ihr Buch zu bestellen – wie „Amazon freundlicherweise anregt“.

Amazon zufolge werden sich die Verhandlungen mit Hachette hinziehen und bis zu einer Einigung könnten Kunden ja Hachette-Bücher bei der Konkurrenz kaufen.

Die Verhandlungen folgen einem von der US-Regierung angestrengten Rechtsstreit mit Apple über E-Books. Sie hatte Hachette und vier anderen Verlagen Preisabsprachen mit Apple vorgeworfen. Die Verlage lösten den Streit außergerichtlich, ein Gericht entschied gegen Apple im vergangenen Jahr. Nun sind Verlage über Amazons Preispolitik besorgt, insbesondere dem Angebot, die Nummer eins der Bestsellerliste für 9,99 Dollar anzubieten.

6 Jun 2014

LINKS

[1] http://www.powellsbooks.com./
[2] http://twitter.com/jk_rowling

TAGS

Amazon
E-Books
Verlagswesen
Streit
Jimmy Kimmel
Schwerpunkt USA unter Trump
E-Books
Amazon
Amazon
Amazon
Amazon
Versandhandel
Amazon
Amazon
Kindle
Online-Shopping

ARTIKEL ZUM THEMA

Jimmy Kimmel ist zurück: Keine Zeit für Scherze

Die Rückkehr der Show des Late-Night-Stars Jimmy Kimmel zeigt, dass die Demokratie in den USA vielleicht doch noch nicht verloren ist.

Abgesetzter US-Talker Jimmy Kimmel: Jetzt wird es ernst

Mit Jimmy Kimmel ist bereits der zweite Late-Night-Moderator Opfer von Trump. Das ist keine Petitesse: Die Shows sind ein linksliberales Gegengewicht.

Debatte um E-Books als Kulturträger: Es geht ums Geld

Noch nie ist der Buchmarkt ein so geschlossenes System gewesen wie heute – trotz Selfpublishing und E-Books. Das liegt vor allem an Amazon.

Kritik an Amazon: Manipulation gehört zum Alltag

Nach US-Vorbild prangern nun auch deutsche Schriftsteller in einem Brief an den Online-Versandhändler Amazon dessen Geschäftsmethoden an.

Versandhändler Amazon: Ein Riese macht Miese

Trotz erhöhter Umsätze erreichen die Verluste von Amazon wegen teurer Investitionen einen neuen Rekordwert. Das Minus von 126 Millionen Dollar verärgert die Aktionäre.

Buchverlage und Amazon: Die Angst geht um

Amazon ist nicht nur Händler, sondern auch Publizist. Nun hat der Konzern offenbar den US-Verlag Simon & Schuster im Visier. Es wird eng für die Branche.

Amazon nutzt seine Marktmacht: Beschwerde beim Kartellamt

Amazon verzögert offenbar die Auslieferung gedruckter Bücher. Jetzt beschwert sich der Börsenverein des Deutschen Buchhandels beim Kartellamt.

Shoppen im Internet: Retour schicken, bis der Arzt kommt

Die Deutschen lieben es, das Zuhause als Umkleidekabine zu nutzen. Daran wird auch ein neues Gesetz über Rücksendungen nichts ändern.

Tarifstreit bei Amazon: Verdi weitet Streiks aus

Die Streikwelle beim Internethändler Amazon erreicht einen vierten Standort. In Rheinberg am Niederrhein legten mehrere hundert Mitarbeiter die Arbeit nieder.

Streik bei Amazon: Sie geben nicht auf

In Leipzig und Bad Hersfeld streiken wieder Amazon-Mitarbeiter. Das US-Unternehmen verweigert immer noch einen Tarifvertrag.

Amazon erzwingt höhere Verlagsrabatte: Und immer droht das Monopol

Amazon setzt die Verlage unter Druck und streitet um Rabatte. Aber es geht um mehr als nur einen Teil des Kuchens.

Chinas Alibaba geht an die Börse: Onlinehändler Superstar

In seinem Wohnzimmer gründete Jack Ma den Internetkonzern Alibaba. Nun rechnen Analysten mit dem größten Börsengang in der Geschichte.