taz.de -- Neue Abendserie im Ersten: Im Paisley-Hemd an den Boxsack

Harald Krassnitzer bekommt in „Paul Kemp – Alles kein Problem“ eine neue Serienhauptrolle. Das ist weder Schmäh, noch Schmarrn.
Bild: Paul Kemp (Harald Krassnitzer) macht Mediation, aber nicht „so mit Kerzen und ruhiger Musik“

Dem ORF verdankt das deutschsprachige Fernsehen seine größten Momente in Sachen Destruktion und Bösartigkeit: von A wie „Aufschneider“ und B wie „Braunschlag“ (beide von David Schalko) bis Z wie Zenker (Erfinder von Polizeimajor Adolf Kottan). Ja sogar die alte Tante „Tatort“ darf in Österreich einen Grantler zum Kommissar haben, dem alle schlecht gelaunten deutschen Ermittler-Kollegen getrost am Oarsch vorbeigehen können. Diesen notorischen Kommissar hätte man dem „Bergdoktor“ und „Winzerköngig“ Harald Krassnitzer gar nicht zutrauen wollen.

Wenn Krassnitzer nun eine neue (ORF-)Serien-Hauptrolle gibt, dann ist also zwischen herrlich deftigem Schmäh („Tatort“) und hirnverbrannt dämlichem Schmarrn („Bergdoktor“) alles möglich. Immerhin: Autor Uli Brée hat drei der „Tatort“-Folgen und, soweit bekannt, nie eine „Bergdoktor“-Episode geschrieben.

„Paul Kemp“ wird also erst mal als Nonkonformist eingeführt: Anzug aus braunem Kordsamt, dazu ein violett-grünes Hemd mit Paisley-Muster, über der Hose getragen. Der Karmann-Ghia-Fahrer kann sich die etwas lächerliche Berufskleidung leisten, er ist ein As in seinem Metier: In Sekundenschnelle wischt er einen – vermeintlichen – ärztlichen Kunstfehler vom Tisch. Lässt neben der Frau, die sich vor Schmerzen kaum mehr rühren kann, das hat sie gerade gesagt, seinen Stift fallen. Sie ist so nett und doof und hebt ihn auf.

Paul Kemp macht Mediation, aber nicht „so mit Kerzen und ruhiger Musik“. Dafür mit Hula-Hoop-Reifen und Boxsack. Das „t“ macht den Unterschied: „Leute wie ich werden bei Streitfällen geholt, um gröbere Konflikte oder sogar Gerichtsverfahren zu vermeiden.“

Der Hauptkonflikt in der ersten von dreizehn Folgen ist das – vermeintlich – geheime Doppelleben eines Arztes, der zwei Frauen und mit jeder ein Kind zu haben meint. Arzt: „Tschuldigung, ich muss. Die Familie wartet.“ Paul Kemp: „Welche?“

Paul Kemp findet was raus, findet eine Lösung und am Ende sind alle glücklich. Alle? Paul Kemps Frau fühlt sich indes zum Nachbarn hingezogen. Nicht Schmäh, nicht Schmarrn.

10 Jun 2014

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Jens Müller

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