taz.de -- Vorschau Italien - Uruguay (Gruppe D): Das Monster und der Altmeister
Rechtzeitig vor dem entscheidenden Gruppenspiel hat Stürmer Luis Suárez seine Uruguayer aufgeweckt. Die Italiener vertrauen auf den 35-jährigen Pirlo.
Die Urus starteten grauenhaft in die WM – mit einer 1:3-Niederlage gegen Costa Rica. Ein wirklich schlimmer Auftritt, keine Energie, kein Willen, nichts haben sie geboten. Eigentlich hatte man sie da schon abgeschrieben. Dass es an den wahnsinnigen Costa Ricanern lag, die dann auch noch Italien besiegten, hat zu diesem Zeitpunkt niemand erkannt. Und es lag daran, dass der Eine fehlte: Luis Suárez. Der beste Stürmer der Welt, wie einige sogar meinen.
Ob er der Beste ist, ist eigentlich völlig egal – er ist das „Monster“, wie ihn seine Teamkollegen nennen, er ist wahnsinnig gefährlich. Und er hat die Uruguayer aufgeweckt, das zweite Spiel gegen England sah gleich ganz anders aus. Ein bisschen Glück war dabei, Steven Gerrards Kopfballvorlage für Suárez’ 2:1 war nett, aber auch so zeigten die Urus, dass sie etwas wollen in diesem Turnier. Immerhin sind sie in Brasilien noch immer Weltmeister geworden, an dieser Tradition sollte man ja zumindest versuchen festzuhalten.
An dem Fortbestand der Tradition kann auch Maxi Pereira nach seinem hässlichen Foul und Rot im Spiel gegen Costa Rica wieder mitwirken und auf der rechten Seite verteidigen. Unklar ist noch, ob Kapitän Lugano fit wird. Wenn ja, wäre Uruguay zum ersten Mal komplett vertreten und damit noch stärker als gegen die Engländer.
Forlan macht sich hübsch auf der Bank
Auf Diego Forlán sollten sie allerdings weiterhin verzichten. Es ist schön, dass er dabei ist, macht sich hübsch auf der Bank und schenkt europäischen Zuschauern einen Den-kenn-ich-doch-Moment, aber für mehr reicht es nicht. Von vermeintlichen Underdogs geschlagen werden und dann die Großen rausschmeißen, das hat Charme, daran sollten sich die Urus halten.
Sie haben die Einstiegsniederlage erstaunlich gut weggesteckt (dabei können sie auch ganz schön weinerlich sein), sie haben bewiesen, dass sie es können, sie brauchen keine Angst zu haben. Anders die Italiener, sie haben die Niederlage gegen Costa Rica bestimmt noch nicht verkraftet, können vermutlich Uruguay nicht so richtig einschätzen und haben Angst. Angst, ein weiteres großes europäisches Team zu sein, das in der Vorrunde rausfliegt (18 Uhr, ZDF).
Nach dem Spiel gegen Costa Rica sagten die Italiener, das Wetter sei schuld gewesen. Auch gegen Uruguay, wo übrigens kein wirklich tropisches Klima herrscht, spielen sie wieder im schwül-heißen Nordosten Brasiliens. Das Wetter könnte also wieder schuld sein. Hinterher. Ihre beiden ersten Spiele waren eher glanzlos.
Anarchie ins Spiel bringen
Wenn Pirlo die Chance bekommt, das Tempo vorzugeben, läuft es gut – die Engländer haben sie so einfach ins Leere laufen lassen. Wird es aber chaotisch, kommen die Italiener nicht mehr mit. Das entspricht einfach nicht ihrer pragmatischen Art, Fußball zu spielen. Die Uruguayer müssen also – Costa Rica hat’s vorgemacht – Anarchie ins Spiel bringen.
Schaffen sie das nicht oder – noch schlimmer – gehen gar die Italiener in Führung, dann macht die Squadra Azzurra das, was sie am besten kann: ihren Gegner auflaufen lassen und so tun, als hätte man mit dem Spiel eigentlich nichts mehr zu tun. Das würden die Urus vermutlich nicht aushalten – da könnten sie wieder zu hässlichen Tretern werden. Und das wäre dann tatsächlich ein Grund, sie zu verfluchen, nachdem sie bei der letzten WM Ghana schon so hässlich nach Hause geschickt haben. Die Urus sind sicher keine Sieger der Herzen, sie könnten diesmal aber immerhin ein paar Sympathiepunkte zurückgewinnen.
24 Jun 2014
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