taz.de -- Krise in der Ukraine: Alle wollen eine Waffenruhe

Deutschland und die USA fordern eine schnelle Feuerpause. Sie drängen Wladimir Putin, zu diesem Zweck mehr Einfluss auf die Separatisten zu nehmen.
Bild: Auch er würde sich wohl über ein bisschen mehr Ruhe freuen.

BERLIN/KIEW dpa | Kurz vor neuen Gesprächen über eine dauerhafte Feuerpause in der Ostukraine haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama die russische Führung erneut zur Einflussnahme auf die Separatisten gedrängt. Die Chance auf eine beidseitige Waffenruhe dürfe nicht wieder ungenutzt bleiben, unterstrichen beide Politiker nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert in einem gemeinsamen Telefonat.

Hierzu müsse vor allem Russland seinen Teil beitragen und auf die Separatisten einwirken, damit auch diese eine Waffenruhe beachteten. Außerdem dürften von russischem Gebiet keine weiteren Waffen oder Kämpfer in die Ukraine gelangen.

Russland und die Ukraine hatten sich am Mittwoch bei einem Krisentreffen in Berlin auf neue Gespräche der Kontaktgruppe verständigt. Spätestens am Samstag sollen Verhandlungen über eine dauerhafte beidseitige Feuerpause beginnen.

Zuvor hatte Merkel mit Kremlchef Wladimir Putin sowie Frankreichs Präsident François Hollande telefoniert. Die drei Politiker betonten nach Angaben eines Berliner Regierungssprechers, eine schnelle Waffenruhe sei wichtig und nötig. Dem Kreml zufolge zeigte sich Putin „zutiefst beunruhigt“ über die hohe Zahl von Ukrainern, die aus der Krisenregion nach Russland flüchteten.

Eine neue Militärführung soll's richten

Dagegen setzt die Führung in Kiew auf eine neue Militärführung, die im Kampf gegen die Separatisten im Osten die territoriale Unversehrtheit der Ukraine sichern soll. „Unsere Armee braucht entschlossene Kräfte“, sagte Präsident Petro Poroschenko am Donnerstag.

Das Kiewer Parlament stimmte für die Ernennung von Waleri Geletej zum neuen Verteidigungsminister. Viktor Muschenko wurde Generalstabschef. Poroschenko hatte die neue Führung vorgeschlagen, weil das Militär nach drei Monaten des Kampfes gegen Aufständische keinen wichtigen Durchbruch erzielt hat.

Poroschenko wies Geletej an, die Streitkräfte zügig zu reformieren. Hauptaufgabe sei, die territoriale Unversehrtheit der Ukraine zu bewahren. „Es läuft heute ein Kampf um die Unabhängigkeit des Landes.“ Der 46 Jahre alte Generaloberst war bisher Poroschenkos Sicherheitschef. Dieser kündigte zudem einen Führungswechsel beim Rüstungskonzern Ukroboronprom an, damit die Streitkräfte im Osten der Ukraine nun rasch mit moderner Technik ausgerüstet würden.

Poroschenko sagte laut einer Mitteilung seines Pressedienstes in einem Gespräch mit US-Vizepräsident Joe Biden, die Rückkehr zur Feuerpause sei dann möglich, wenn beide Seiten - die Regierungstruppen und die prorussischen Separatisten - zu einer entsprechenden Einigung kämen.

Taten statt Worte

Bedingungen für die Waffenruhe seien Grenzkontrollen durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie die Freilassung von Gefangenen. Poroschenko hatte zu Wochenbeginn eine zuvor mehrfach gebrochene Feuerpause nicht verlängert.

Russland ist zu gemeinsamen Grenzkontrollen mit ukrainischen Kräften auf seinem Gebiet und der OSZE-Überwachung bereit - aber erst, wenn eine Waffenruhe in Kraft ist. Bei einem Krisentreffen in Berlin hatten sich Moskau und Kiew am Mittwoch auf neue Gespräche der Kontaktgruppe verständigt. Spätestens am Samstag sollen Verhandlungen über eine dauerhafte beidseitige Feuerpause beginnen.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte von den Konfliktparteien Taten. „Es gibt keine Zeit zu verlieren; wenn eines nicht geht, dann weiteres Lavieren“, sagte Steinmeier der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Ein Treffen der Kontaktgruppe sei der Schlüssel für alle weiteren Fortschritte. „Ohne Gesprächsbereitschaft geht es nicht. Kiew muss dazu bereit sein, Moskau dafür seinen ganzen Einfluss bei den Separatisten geltend machen“.

Im Osten der Ukraine nahmen die Spannungen im Grenzgebiet zu Russland zu. Bei Gefechten kamen offenbar erneut sowohl Soldaten als auch Separatisten ums Leben. Erneut sei auch eine russische Grenzstation getroffen worden, teilten die Behörden in Rostow der Agentur Interfax zufolge mit.

Präsident Poroschenko stellte im Parlament, der Obersten Rada, eine Verfassungsänderung vor, über die die Abgeordneten in der nächsten Woche abstimmen. Sie sieht unter anderem vor, dass in bestimmten Regionen bei Behördengängen auch Russisch gesprochen werden dürfe. „Dieser Kompromiss macht unser Land stärker. Einzige Staatssprache bleibt aber Ukrainisch“, betonte der prowestliche Staatschef.

4 Jul 2014

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