taz.de -- Das WM-Teil XIX: Der Schland-Baum
Es wird immer schlimmer. Die Aktivisten kennen keine Gnade. Auch die wehrlosesten Geschöpfe müssen für die WM-Hysterie der Deutschen herhalten.
Galgen, Galeerenbau, Gegenpissen. Schon seit Jahrtausenden werden Bäume für alle möglichen Dinge missbraucht. Während der Fußball-WM macht taz-Leser Ulrich W. beim Joggen im nördlich an Volksdorf (!) grenzenden Hamburger Stadtteil Farmsen-Berne eine furchtbare Entdeckung: Ein hilfloser Baum wird bei hochsommerlichen Temperaturen in ein schwarz-rot-goldenes Korsett aus kratziger Wolle gezwängt.
Das nennt sich „Urban Knitting“ oder „Guerilla Knitting“ und kommt natürlich aus den USA, genauer: aus dem texanischen Houston. Die deutschen AktivistInnen nennen es „Guerillastricken“ oder „gestricktes Graffiti“.
Im Gegensatz zu den Vorbildern aus Lack braucht man zum Entfernen der wollenen Werke keine fiesen Chemikalien, sondern lediglich eine Schere. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung nennt „Urban Knitting“ deshalb: „Die kleine brave Schwester des Graffiti“. Die US-Erfinderinnen bezeichnen sich als „Yarn Bomber“ (Garn-Bomber). Das passt besser.
[1][„Das ist Baummissbrauch!“] So wird der Schland-Pullover Farmsen-Berne auf Facebook kritisch kommentiert. Da können wir uns nur anschließen. Was müssen das für Menschen sein, die zu so etwas fähig sind? Muss man denn jede einzelne seiner Perversionen ausleben? Nein!
7 Jul 2014
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Deutschlands aggressive Führungsrolle in der Welt wird als Verantwortung ausgegeben. Doch eine dezente Rhetorik ist noch längst keine Bescheidenheit.
Public Viewing ist schwer angesagt. Aber sind der deutsche Jubel und das Fahnengewedel überhaupt zu ertragen? Vier Einschätzungen.
Das Schulterbiss von Luiz Suárez ist WM-Geschichte. Ein Online-Händler hat nun die Szene in einen Gebrauchsgegenstand verwandelt.
Gesichtsschminke ist so was von 2006: Wenn es um fanmeilentaugliche Outfits geht, ist der Fan-Bart in Schwarz-Rot-Gold state of the art.
Deutschland-Fans werden beim Fußballgucken zum Tier. Nun gibt sich auch die Tierwelt dem schwarz-rot-goldenen Taumel hin – so wie diese Libelle.
Die N-Wort-Küsse im Schland-Gewand waren in der taz.brasil-Redaktion in aller Munde. Fazit: geschmacklich eher fad – aber die Botschaft stimmt.