taz.de -- Kommentar Billiger Bauen und Wohnen: Von Österreich lernen
So langsam begreift die SPD, wie katastrophal ihre Immobilienpolitik der letzten Jahren war. Die Bauministerin macht einen ersten Schritt.
Bundesbauministerin Barbara Hendricks will sich für mehr bezahlbaren Wohnraum einsetzen. Hurra! Denn die Sozialdemokratin hat erkannt: Das schafft man nur durch Neubau. Und weil der teuer ist, muss man hier die Kosten senken.
Mit ihrem „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ liegt Hendricks also nicht ganz falsch. Doch den Kern des Problems tastet sie nicht an: Ohne ein radikales Umdenken in der Immobilien- und Förderpolitik werden die Mieten weitersteigen.
Bei Wohnungen bestimmen zwei Faktoren den Preis: die Kosten für den Bau und die für das Grundstück. Doch statt Immobilien klug zu nutzen, werden sie von Bund, Ländern und Kommunen reihenweise verscherbelt. Gerade hat der Bund ein paar Berliner Mietshäuser für den Meistbietenden im Angebot – bisher günstige Mieten fallen dadurch weg.
Der Staat füllt seine Kassen und gibt das Geld wieder aus, um günstige Mieten zu schaffen. Welch ein Irrsinn! Immobilien werden von der Politik nur mit ihrem Geldwert bemessen. Dass mit ihrem Verkauf auch Gestaltungsmacht verloren geht, wird mutwillig übersehen.
Das Gleiche passiert in der Wohnungsbauförderung als Baukostenzuschuss. Ist ein Haus nach 25 bis 30 Jahren refinanziert, bleiben die dann zwangsläufig entstehenden Gewinne beim Eigentümer. Der Staat verzichtet, denn Politiker denken selten so langfristig – außer in Österreich.
Dort gibt es „revolvierende Wohnungsbaufonds“. Überschüsse aus geförderten, gemeinnützigen Projekten fließen langfristig in diesen staatlichen Topf zurück; so können weitere günstige Bauten finanziert werden. Das kann eigentlich nur einer Gruppe nicht passen: der profitorientierten Baulobby. Erst wenn die aufschreit, statt mit der Bauministerin ein nettes Bündnis zu schließen, wissen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
10 Jul 2014
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