taz.de -- Fußball aus Deutschland: Ein exzellentes Orchester
Die deutsche Nationalmannschaft hat den Weltmeistertitel verdient. Das meinen nicht nur die Deutschen. Was ist anders als früher?
Vor dem Turnier in Brasilien hätte das niemand für möglich gehalten: dass die deutschen Fußballer das fairste, das schönste, das effizienteste, das also insgesamt beste Spiel zeigen würden. Wer in der Halbfinalpartie gegen Brasilien nur eine gefühlsarme Maschine 7:1 gewinnen sah, wer im Spiel gegen Frankreich, Ghana oder Portugal nur deutsches Ingenieurwesen am Ball auf höchstem Niveau erkannte, hat weder Ahnung vom Fußball selbst von der Arbeit am Orchesterhaften selbst.
Joachim Löw, Bundestrainer, arbeitet seit acht Jahren an diesem Werk: dass da Männer im Fußball, allesamt solistisch von vorzüglicher Qualität, miteinander eine Partie austragen, die in Momenten von Entgrenzung gipfeln kann. So, wie vor vier Jahren die Spanier es zelebrierten. Wer ein Herz für Fußball hat, wer sich nicht irre machen lässt von alten schwarz-rot-goldenen Fundamental-Antipathien, wünscht, dass diese Elf die Nacht zum 14. Juli als Weltmeister durchfeiert.
Das gab es noch nie. 1974 gewann die DFB-Auswahl, die globalen Sympathien aber ernteten die Verlierer aus den Niederlanden. 1990, beim dritten WM-Triumph der Deutschen, war hierzulande die Freude am Sieg über Argentinien groß. Außerhalb Deutschlands gab es Respekt, aber keine Freude an dieser gewissen Art von deutschem Fußball, der immer grob und steif, vor allem nur nützlich aussah, nicht auch mitreißend.
Deutscher Fußball, das war nicht Schach auf dem Rasen, eher Blitzdomino und Feldwebelkick: mit Leutnants wie Beckenbauer, Matthäus oder, wie 2002 bei der Endspiel-Niederlage gegen Brasilien, der sogenannte Capitano Michael Ballack und sein Kumpel Oliver Kahn, der Tormann.
Beim Fußball des Joachim Löw sieht hingegen selbst das Verteidigen fein aus. Was früher in Deutschland als Grätscherei verstanden wurde, um das sportliche Tun der Gegner zu zerstören, ist nun der Auftakt zum nächsten Spielzug. Insofern stimmt die Analyse: Der DFB kann wie eine Maschine ihr Tun verrichten. Doch nur so wie ein exzellentestes Orchester, das nur gemeinsam bringt, was es auch gemeinsam geübt hat.
Gäbe es Gerechtigkeit, müsste dieses Team den Titel holen. Dass es aus Deutschland kommt und ein freundlicher und ziviler gewordenes Land repräsentiert – umso besser.
13 Jul 2014
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