taz.de -- Kolumne Generation Camper: Stutenmilch und Camperglück
Super Idee: Man erwirbt einen Stellplatzführer von „Landvergnügen“ und darf dann auf einem Stutenhof oder einer Ziegenfarm nächtigen.
Nicht jeder Trend kommt aus den USA. Manchmal genügt ein Blick zu unseren campingfreundlichen Nachbarn in Frankreich, um gewitzte Urlaubsideen zu entdecken. Dieses sinnige Stellplatzkonzept "France Passion" beispielsweise. Es bringt Reisemobilisten und ländliche Produzenten zusammen. Die einen können gratis übernachten, die anderen - Winzer, Landwirte, Handwerksbetriebe - dürfen auf interessierte Käufer ihrer Produkte hoffen.
Begleitet von Grußworten aus Frankreich ist jetzt eine deutsche Variante an den Start gegangen. Sie nennt sich "Landvergnügen". Und funktioniert folgendermaßen: Man kauft den Stellplatzführer, den "Landvergnügen" herausgegeben hat (39,80 Euro), und erwirbt damit eine Jahresvignette, die dazu berechtigt, sich jeweils einen Tag lang auf dem Privatgelände seines Gastgebers aufzuhalten.
Ob man vor Ort bewirtet wird, ob besondere Programmpunkte geboten werden, ob Strom oder sanitäre Einrichtungen genutzt werden können, ist unterschiedlich und hängt vom jeweiligen Anbieter ab. Kein Gastgeber ist genötigt, in eine spezielle Infrastruktur zu investieren. Er bietet Platz, wovon er oft reichlich hat, besonders in abgelegenen ländlichen Regionen, wo es viel Natur gibt und Stille und Weite. Und er bietet ländliche Erzeugnisse.
Ein Pferdegestüt auf den Höhen des Odenwaldes beispielsweise hat sich auf Stutenmilch und jede Menge Stutenmilchprodukte spezialisiert. Über 230 Ziegenhöfe, Schafzüchter, Straußenfarmen, Brennereien, Brauereien, Rinderzüchter, Ölmühlen, Käsehersteller und viele andere Direktvermarkter, vorzugsweise aus dem Biobereich, listet der Stellplatzführer auf.
Südwestlich Frankfurts ist die Dichte beachtlich. Hier liegen die deutschen Weinregionen und touristischen Weinstraßen, die traditionell Reisemobilisten anlocken und immer gut besucht sind. Hier bieten bereits viele Winzer über den "Winzeratlas" Stellplätze an. Schön, wenn jetzt auch andere Produzenten ins Blickfeld rücken. Diesem "Landvergnügen" kann man nur viel Erfolg wünschen.
9 Aug 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Nicht nur der Campingplatz im Chianti will eine neue Zielgruppe erschließen: Campingfreunde mit Hang zum Luxus finden immer mehr Orte.
Die Ost-West-Grenze an der Rhön. Ein Damals-Heute-Vergleich in einem Fotobuch, das die Atmosphäre perfekt eingefangen hat.
Urban Gardening boomt. In der Rheinstadt Andernach wächst selbst an denkmalgeschützten Gemäuern Obst und Gemüse – zum Knabbern für alle.
Das Reisen im Caravaner bringt so manche Unbill mit sich. Doch man wird belohnt: Für Campingkinder ist es ein Paradies – und Eltern dürfen sich wohl fühlen.
Der Wald ist Ökologie und Kulturgut. Außerdem verspricht er eine gesteigerte Sinneswahrnehmung. Er ist das LSD des kleinen Mannes.
In der mobilen, fortschrittshungrigen und reiselustigen Generation gelten die Bleibenden als träge, vernagelt, öde. Das stimmt so nicht.