taz.de -- NSU-Prozess in München: Beate Zschäpe auf Anwaltsuche

Die NSU-Angeklagte bittet einen Strafverteidiger aus Baden-Württemberg um einen Termin in die JVA. Was sie damit bezwecken will, bleibt offen.
Bild: Sucht sie einen neuen Anwalt? Beate Zschäpe am Freitag im Münchner Oberlandesgericht.

MÜNCHEN taz | Der Leitspruch auf der Internetseite von Marc Jüdt dürfte Beate Zschäpe ansprechen. „Die Aufgabe des Strafverteidigers ist es“, heißt es dort, „Zweifel zu säen, wo sie keiner mehr hat und Hoffnung zu pflanzen, wo sie längst verflogen war.“ Es gibt nicht viel Hoffnung für Beate Zschäpe bisher im Münchner NSU-Prozess. Nach den bisher 137 Prozesstagen läuft alles auf eine Verurteilung der NSU-Angeklagten hinaus.

Vielleicht auch deshalb hat sie nun nach taz-Informationen Jüdt, Strafverteidiger aus Baden-Würrtemberg, um einen Gesprächstermin in ihre JVA gebeten. Das Treffen soll in Kürze stattfinden. Die [1][Welt] berichtet ebenso über den Vorgang.

Jüdt wollte diesen nicht kommentieren. Er ließ auch offen, wie Zschäpe wohl auf ihn gekommen sein mag. Als Strafverteidiger ist er seit 2003 aktiv. Auf der Internetseite eines Motorradrocker-Blogs wird er in einer Liste von „Rechtsanwälten für Biker“ geführt.

Zschäpe hatte im Juli einen Misstrauensantrag gegen ihre drei Pflichtverteidiger gestellt. Das Gericht lehnte diesen ab, da er „nicht hinreichend“ sei. Offen ist, ob es Zschäpe mit der Kontaktaufnahme zu Jüdt nur um eine Beratung oder gar um eine Erweiterung ihres Anwälte-Trios geht.

Im NSU-Prozess wurde am Freitag ein BKA-Ermittler über die Vernehmung eines möglichen Thüringer Waffenbeschaffers des NSU befragt. Der Verdächtige, Enrico T., hatte laut dem Beamten teils widersprüchlich und unglaubhaft bestritten, an der Vermittlung der Ceska beteiligt gewesen zu sein. Mit der Waffe töteten die NSU-Terroristen später neun Migranten.

Geladen war am Freitag auch der Bruder des mitangeklagten André E. Er verweigerte die Aussage. Als unmittelbarer Verwandter hat er das Recht dazu.

5 Sep 2014

LINKS

[1] http://www.welt.de/politik/deutschland/article131915296/Zschaepe-kontaktiert-fremden-Anwalt-per-Postkarte.html

AUTOREN

Konrad Litschko

TAGS

Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Beate Zschäpe
München
BKA
Strafverteidiger
Schwerpunkt Rechter Terror
Baden-Württemberg
NSU-Prozess
NSU-Prozess
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
NSU-Prozess
Rechtsextremismus
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Beate Zschäpe
NSU-Prozess

ARTIKEL ZUM THEMA

NSU-Enquete in Baden-Württemberg: Zwischen Blamage und Aufklärung

Die SPD ringt sich nun doch dazu durch, einen Untersuchungsausschuss zum Versagen bei der Aufdeckung der NSU-Verbrechen mitzutragen.

NSU-Prozess in München: Alimente für Neonazi-Boss

Die Vernehmung von Tino Brandt zeigt, wie sehr der Verfassungsschutz die rechte Szene stützte. Rund 200.000 Mark soll er erhalten haben.

Verhandlung um Brand im NSU-Versteck: Rätsel um die Klingel

Als Beate Zschäpe mutmaßlich die Wohnung des NSU-Trios anzündete, starb eine Frau fast. Ihre Anwälte versuchen nun den Mordvorwurf zu entkräften.

Tod des NSU-Zeugen Florian H.: Eltern bezweifeln Selbstmord

Kurz vor seiner Befragung während der NSU-Ermittlungen stirbt der 21-jährige Florian H. in seinem brennenden Auto. Vieles spricht gegen einen Suizid.

NSU-Prozess in München: Festnahme offenbar verhindert

Die Aussage eines Polizeiermittlers legt nahe, dass die Festnahme der NSU-Terroristen offenbar an den Behörden scheiterte. Das habe deren Untertauchen begünstigt.

Bericht des NSU-Ausschuss in Thüringen: Behördenversagen auf 1.687 Seiten

Der Bericht des NSU-Ausschusses in Thüringen ist eine Ohrfeige für die Überwachungsbehörden. Die Linke fordert, den Verfassungsschutz abzuschaffen.

NSU-Prozess in München: Alles nur Verwechslung?

Im NSU-Verfahren musste ein möglicher Lieferant der Mordwaffe des Neonazi-Trios aussagen. Der aber bestritt, mit der Česká etwas zu tun gehabt zu haben.

NSU-Prozess in München: Gericht lehnt Befangenheitsantrag ab

Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe hatte im NSU-Prozess einen Befangenheitsantrag gegen die Richter gestellt. Den hat das Gericht abgelehnt und den Prozess fortgesetzt.

Opferangehörige im NSU-Prozess: Der vergessene Blick

Alle schauen auf die Hauptangeklagte Beate Zschäpe – auch die Hinterbliebenen der Opfer. Aber wie geht es ihnen dabei?