taz.de -- Protest gegen Gentrifizierung: Abriss mit Hindernissen
Die Abrissarbeiten am Hochbunker in Winterhude bringen die Anwohner auf die Barrikaden. Die Treffen der Gegner des Abrisses wurden vom Investor überwacht.
HAMBURG taz | Der Abriss des Luftschutz-Hochbunkers in der Winterhuder Forsmannstraße 10 bleibt prekär. Die Bauaufsicht der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) hat am Dienstagmorgen die Baustelle erneut vorübergehend stillgelegt, nachdem Stichproben-Messungen eine erhebliche Lärmbelastung der Anwohner ergeben hatten. Bereits vor drei Wochen waren die Arbeiten nach heftigen Protesten wegen des Lärmpegels und der Staubbelastung für zwei Wochen stillgelegt worden.
Doch die an die Baufirma Otto Wulff und das Abrissunternehmen Wilko Wagner erteilte Auflage, auch an der Rückfront ein Gerüst mit Dämmplatten zur Schalldämmung anzubringen, zeigte nicht den erwünschten Erfolg. Denn der Betonklotz wird im Fräseverfahren abgetragen, weil Sprengungen wegen der angrenzenden Bebauung nicht möglich sind.
„Es ist immer noch tierisch laut“, berichtet die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bezirk Nord, Karin Hass. Auch die Staubbelastung sei weiterhin unerträglich. Die Bürgerinitiative „Wir sind Winterhude“ wird deshalb ein privates Institut beauftragen, nachzumessen, ob die Belastungen nach dem Immissionsschutzgesetz unzulässig sind.
Ursprünglich stand der Luftschutzbunker als historisches Bauwerk des 2. Weltkrieges unter Denkmalschutz. Deshalb ist der Betonklotz auch in die angrenzende Wohnungsbebauung eingebettet. Doch 2012 wurde der Denkmalschutz plötzlich aufgehoben. Der Grund: Der private Eigentümer sah sich wirtschaftlich nicht mehr in der Lage, den Bunker unter Denkmalschutz-Vorgaben zu erhalten. „Nach gründlicher Prüfung hat die Kulturbehörde diesem Antrag zugestimmt“, sagte Sprecher Enno Isermann im November vorigen Jahres dem Eppendorfer Wochenblatt. Dies käme sehr selten vor, betonte er.
Kaum war der Denkmalschutz futsch, kaufte die Firma Wulff das Areal, um an der Stelle 38 Luxus-Wohnungen zu bauen. Denn die hohen Grundstückspreise im gehobenen Winterhude machen selbst einen kostspieligen Abriss lukrativ. Um den Widerstand der Winterhuder frühzeitig einschätzen zu können, wurde Ende 2013 ein Beauftragter von Wulff in ein von der Initiative „Wir sind Winterhude“ organisiertes Treffen entsandt. Er erstattete dem Investor und dem Bezirksamt Nord Bericht, doch seine Besuche waren nicht von langer Dauer. „Ich muss befürchten, beim nächsten Mal geoutet, geteert und gefedert vom Goldbeckhof gejagt zu werden oder ich muss mich aktiv beteiligen, zum Beispiel an der Arbeitsgruppe Rechtmäßigkeit der Abrissgenehmigung“, schrieb er in seinem letzten der taz vorliegenden Memo. „Beides würde mir nicht gefallen.“
16 Sep 2014
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