taz.de -- Kommentar Proteste in Mexiko: Gegen die Menschen
Mexiko bricht zusammen. 43 verschleppte Studenten sind der Anlass für Massenproteste, die Probleme des Landes sitzen aber tiefer.
Die Stimmung in Mexiko ist angespannt: Hunderttausende gehen auf die Straße, Regierungsgebäude werden angezündet, bewaffnete Reaktionen sind in einigen Regionen nicht mehr auszuschließen.
Das mutmaßliche Massaker an 43 Studenten und die Unfähigkeit der Regierung, für Aufklärung zu sorgen, haben das ganze Elend des Landes auf den Punkt gebracht: die Straflosigkeit, die Korruption, der ständige Terror von Uniformierten und Kriminellen gegen die Armutsbevölkerung. Und eine Regierung, die die Menschen damit allein lässt – meist schützt sie nur ihre korrupten Beamten.
Während Präsident Enrique Peña Nieto in aller Welt sein vermeintlich sicheres Investitionsland anpreist, bricht Mexiko zunehmend in sich zusammen. Das ist nicht neu: Seit Jahren killen die Mörder der Mafia Menschen, die ihnen im Weg stehen, und immer wieder richten Soldaten Privatpersonen hin.
Rechtsstaatliche Verhältnisse existieren nicht. Neu ist, dass mit dem mutmaßlichen Massenmord die Lage so offensichtlich zum Ausdruck kommt: hier 43 oppositionelle Studenten, da ein kriminelles Geflecht von Politikern, Polizisten und der Mafia. Deshalb scheitert diesmal jeder Versuch, die Vermissten als Opfer des so schlecht genannten Drogenkriegs zu verbuchen. Das ist gut so, denn dadurch steht die brutale Realität Mexikos im notwendigen Maß in der weltweiten Kritik. Kaum jemand zweifelt mehr daran, dass Peña Nietos Versprechen, die Gewalt in den Griff zu bekommen, gescheitert ist.
Alles wird davon abhängen, ob die neue Bewegung kontinuierliche organisatorische Strukturen entwickeln kann. Der Staatschef wird sich nämlich erst bewegen, wenn politische und wirtschaftliche Sanktionen von außen drohen. Das ist die einzige Sprache, die er versteht.
6 Nov 2014
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