taz.de -- Rechtsextreme Hooligans: HoGeSa ist auch Fußballphänomen
Wenn sich Neonazis in Fußballstadien breit machen, ist das Teil des Sport. Vereins- und Fanvertreter hingegen meinen, das sei ein gesellschaftliches Problem.
„Fußball ist Fußball, Politik ist Politik.“ Der Spruch ist so bescheuert, dass er glatt von einer rechtsradikalen Hooligan-Band vertont sein könnte. Ist er auch. Und zwar von Kategorie C, einer Hool-Band aus Bremen, deren Konzerte normalerweise im Geheimen stattfinden, in elsässischen Wirtshäusern und belgischen Turnhallen.
Beim HoGeSa-Aufmarsch in Köln, der ja ganz offensichtlich vollkommen unpolitisch war, entblödete sich Kategorie C dann auch nicht, ebendiesen Song als ersten zu spielen. Dass das nun nicht gerade der allerbeste Anlass war, mag sogar manchem gedämmert haben, der sein Körpergewicht um 15 Uhr bereits in Dosenbier aufgewogen hatte.
Umso erstaunlicher, dass in den Tagen danach auch aus ganz anderen Kreisen – von Vereins- und Fanvertretern gleichermaßen – verlautbart wurde, dass der Fußball für diese Leute nun mal nichts könne. Gesellschaftliches Problem. Das sind die beiden Worte, die akademisch klingen und oft nur einen gut eingeübten Abwehrreflex beschreiben: Damit haben wir nichts zu tun…
Nun sind gesellschaftliche Probleme natürlich immer gut, denn wer wollte bestreiten, dass ein Sport, der für mehr Gesprächsstoff sorgt als die neue Pink Floyd, der Klimawandel und Superstargesuche zusammengenommen, etwas mit der Gesellschaft zu tun haben könnte.
Aber natürlich ist HoGeSa auch ein Fußballphänomen reinsten Wassers. In Köln mag es einen gewissen Anteil an Menschen gegeben haben, die ihr Kreuz bei Parteien machen, die im Bundestag sitzen, es mag Menschen gegeben haben, die Gewalt ablehnen, und solche, die tatsächlich die Angst vor dem Salafismus auf die Straße getrieben hat. Aber für die meisten Demo-Teilnehmer ist der wichtigste Lebensinhalt Fußball. Und das soll ohne Bedeutung sein?
Werteschema aus dem Fußballkontext
Hooligans kennen sich in aller Regel seit vielen, vielen Jahren auch szeneübergreifend, ihr Werteschema hat mit Erfahrungen zu tun, die sie als Fußballfans und als Hooligans im Fußballkontext gemacht haben. Was einem wichtig ist, prägt einen Menschen. Auch politisch. In alle denkbaren Richtungen.
Dass die Ultras immun gegen die „alten Werte“ der Hools zu sein scheinen, die Jahre vor ihnen die „Chefs“ in der Kurve waren, ist bislang kaum gewürdigt worden – beim Aufmarsch in Köln war unter 5.000 Menschen jedenfalls höchstens ein Dutzend Ultras auszumachen.
Die Ultra-Szene hatte schnell erkannt, dass es nur vordergründig gegen die Salafisten ging. Manche hatten das sogar so genau erkannt, dass sie sich an diesem Tag nicht in Köln haben blicken lassen. Zu groß war die Wahrscheinlichkeit, einem von der anderen Seite über den Weg zu laufen. Einem, dessen politische Gesinnung man als antirassistisch denkender Ultra nur allzu gut kennt: aus dem Stadion.
Dort allerdings – und mit diesem Hinweis haben die Bundesligaklubs wiederum recht – wird sich in den nächsten Wochen nicht entscheiden, wie es mit HoGeSa weitergeht. Die Aktivisten treten dort kaum in Erscheinung, der Ligaalltag ist (noch) nicht ihre Spielwiese. Das aber ist ein weiteres Argument gegen den Spruch vom ach so unpolitischen Fußball. HoGeSa hat nämlich strategische Ziele: Um mit ihren Aktionen das politische Klima in diesem Land an den rechten Rand zu verschieben, kommt ihnen die Vorherrschaft in der jeweiligen Kurve zupass.
8 Nov 2014
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