taz.de -- Kommentar Pädophilie-Historie Grüne: Der Wille zur Aufklärung
Die Debatte über Pädosexualität hat die Grünen vor der Bundestagswahl viel gekostet. Mit der Walter-Studie setzen sie ein wichtiges Zeichen.
Dieses Kapitel Wahlkampfschlacht gehört zu einem der bizarrsten der vergangenen Jahre. Wochenlang schien es, als hätten vor allem FAZ und FAS kein anderes Thema als die sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Seitenlang wurde in den Wochen vor der Bundestagswahl ein Schreckgespenst gezeichnet, das die Grünen zu einer Partei der Kinderschänder machte, für die auch das aktuelle Spitzenpersonal in Haftung genommen werden konnte. Auch die taz machte in dieser Schlammschlacht alles andere als eine gute Figur.
Es ist lange bekannt, dass die Debatte über Pädosexualität ein Teil der grünen Geschichte ist. Auch, dass die Partei in diesem Bereich eine Offenheit gezeigt hat, die aus heutiger Sicht nicht zu akzeptieren ist. Und selbst wenn man begründen kann, wie es dazu kam, hätten die Grünen sich sofort und eindeutig von den damaligen Beschlüssen distanzieren und alle Maßnahmen ergreifen müssen, um mögliche Opfer ausfindig zumachen. Das ist nicht passiert. Ein großer Fehler, für den die Partei teuer bezahlt hat.
Was hinter den Dauerattacken und dem Diffamierungsjournalismus stand, wurde ab Tag eins nach der Wahl klar. Das Interesse am Schutz von Kindern vor sexuellen Übergriffen nahm schlagartig ab. Die Mission war schließlich bereits erfüllt: Die Grünen waren maximal beschädigt, das linke Führungspersonal, allen voran Jürgen Trittin, geschwächt und die Kanzlerschaft Merkels gesichert.
Am Ende steht ein Bericht, der die Grüne Pädophilie-Geschichte endgültig aufklären soll, erstellt von unabhängigen Gutachtern. Im Wesentlichen wird nur bereits Bekanntes referiert. Gut bleibt, dass die Partei den Bericht in Auftrag gegeben hat: Aussagekräftig sind aber nicht die gefundenen Fakten, sondern es ist die Erkenntnis, dass es eine Waffe gegen Verleumdung gibt: den Willen zur Aufklärung.
12 Nov 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ankündigung eines brisanten Berichtes der Berliner Grünen. Die Aufarbeitung des pädophilen Erbes der Partei ist noch nicht am Ende.
Die Studie zur grünen Pädo-Vergangenheit ist in einem Punkt brisant: Sie kritisiert das linkslibertäre Verständnis der Gesellschaft seit den frühen Sechzigern.
Franz Walter sei „übers Ziel hinausgeschossen“, urteilt Grüne-Jugend-Sprecher Marquardt. Dennoch findet er es richtig, dass die Grünen ihm freie Bahn gelassen haben.
Franz Walter hatte die Grünen wegen ihres mangelnden Aufarbeitungswillens zur eigenen Pädo-Historie kritisiert. Seine neue Studie ändert das.
Die Haltung der Grünen gegenüber Pädophilen-Gruppen in den 80ern war Inhalt einer Studie. Diese zeigt: Die Position sei auch auf ideologische Blindheit zurückzuführen.
Lange lehnten die Grünen eine eigene telefonische Anlaufstelle für Opfer sexueller Gewalt ab. Nun steuert die Partei überraschend um.
Das Göttinger Institut für Demokratieforschung legte Mitte Dezember den Zwischenbericht zur Pädophilie-Debatte bei den Grünen vor. Für die Hamburger Grünen waren die Ergebnisse ein „Schock“. Warum eigentlich?
Erste Ergebnisse der Göttinger Parteiforscher: Die anfängliche Offenheit der Grünen für Pädophile rührte aus verqueren Ideen der 68er-Bewegung.
Haben die Grünen Missbrauch an Kindern zu verantworten? Die Partei hat eine AG gegründet, die sich nun mit dieser Frage befasst.