taz.de -- Tote nach Sterilisierung in Indien: Flüchtiger Arzt gefasst
Nachdem 13 Frauen in Indien nach Sterilisierungen gestorben sind, ist der verantwortliche Arzt festgenommen worden. Er beteuert, unschuldig zu sein.
NEU DELHI ap | Nach den mutmaßlichen Pannen bei der Sterilisierung von Frauen in Indien ist der verantwortliche Chirurg festgenommen worden. Der Arzt sei bei Ankunft bei seinen Verwandten in der Stadt Bilaspur verhaftet worden, teilten die Gesundheitsbehörden des nordostindischen Staates Chhattisgarh am Donnerstag mit. Der Arzt stritt jegliche Schuld am Tod der Frauen ab. Mittlerweile sind 13 Frauen nach den Eingriffen gestorben. Mindestens 16 weitere kämpfen um ihr Leben.
Der Verdächtige habe am Samstag mehr als 80 Sterilisationen in sechs Stunden durchgeführt, sagte der Vertreter des Gesundheitsministeriums von Chhattisgarh, S.K. Mandal. Das sei eine Verletzung der Regierungsanordnung, die Chirurgen verbiete, mehr als 30 Operationen am Tag durchzuführen. Die Frauen waren nach der Operation nach Hause geschickt worden, Dutzende erkrankten.
Der festgenommene Arzt machte die den Frauen nach der Operation verabreichten Medikamente für ihren Tod verantwortlich. „Ich bin unschuldig. Ich habe seit langer Zeit solche Operationen durchgeführt und es gab niemals Probleme“, sagte er. Er räumte allerdings ein, er habe manches Mal mehr als zehn Mal so viele Operationen am Tag wie erlaubt durchgeführt. Manches Mal habe er an einem Tag 200 bis 300 Frauen operiert.
Nach Verabreichung der Medikamente nach den Operationen hätten sich die Patientinnen übergeben und sich über Schwindelgefühl und Schwäche beklagt. Der Ehemann einer der Frauen, die nach der Sterilisation starb, sagte, sie seien tyrannisiert worden, damit die Operation durchgeführt werden konnte. Viele der Frauen hätten Babys gehabt.
Als mögliche Ursache für die Komplikationen wurde auch eine Blutvergiftung oder ein Blutungsschock vermutet. Die kostenlosen und von der Regierung geförderten Eingriffe sollen dazu beitragen, das rasante Bevölkerungswachstum in Indien einzudämmen. Der Subkontinent zählt bereits 1,3 Milliarden Einwohner.
Wochenlohn für eine Sterilisierung
Experten sagten, die Todesfälle seien zum einen auf den Mangel an medizinischer Aufsicht zurückzuführen, zum anderen darauf, dass sich Indien Sterilisationsziele gesetzt habe, um die stark anwachsende Bevölkerungszahl in den Griff zu bekommen. Die indische Regierung erklärte dagegen, man habe in den 90er Jahren damit aufgehört, sich solche Ziele zu setzen. Allerdings verdächtigen Ärzte und Menschenrechtsaktivisten die Regierung seit Jahren, dass sie derartige Ziele trotzdem verfolgt.
Am Samstag hatten sich 83 Frauen sterilisieren lassen - alles arme Dorfbewohnerinnen unter 32 Jahren. Dafür hätten sie 600 Rupien (7,80 Euro) bekommen, was einem Wochenlohn entspricht, hieß es. Allen Opferfamilien wurde eine Entschädigung von umgerechnet rund 2700 Euro zugesagt.
13 Nov 2014
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