taz.de -- US-Senat blockiert NSA-Reform: „Affront gegen die Verfassung“

Die umfassende Telefonüberwachung der NSA sollte eingeschränkt werden. Aber der Senat macht da nicht mit. Ein weiterer Rückschlag für US-Präsident Obama.
Bild: 26.10.2013, Washington: Demo gegen den Patriot Act am Jahrestag seiner Unterzeichnung

WASHINGTON ap | Eine gesetzliche Eindämmung der NSA-Spionage ist vorerst am Widerstand des US-Senats gescheitert. Am Dienstag sprachen sich die meisten der Demokraten – bis Jahresende noch Mehrheitsführer in der Kammer –, zwar für die eingebrachte Vorlage aus. Doch fehlten zu ihrer Verabschiedung nur zwei weitere Stimmen. Das Votum ist ein neuer Rückschlag für Präsident Barack Obama, der die Initiative als Herzstück der Einschränkung der umstrittenen Geheimdienstüberwachung präsentiert hatte. Auch Bürgerrechtler reagierten enttäuscht auf das Senatsvotum.

Der Vorstoß sah ein Ende der massenhaften Sammlung von Telefondaten durch die NSA. Stattdessen wäre der Geheimdienst künftig dazu verpflichtet, vor jedem Lauschangriff erst eine gerichtliche Genehmigung einzuholen. Die gewünschten Daten hätte die NSA dann bei Telekommunikationsunternehmen abfragen müssen. Die umstrittene Praxis der NSA fußt auf dem nach den Terroranschlägen vom 11. September 2011 verabschiedeten Patriot Act, einem Gesetz, das im Zuge des Krieges gegen den Terror eingeführt wurde. Allerdings läuft es im Juni 2015 aus. Das bedeutet, dass der Kongress das Programm noch einmal autorisieren müsste.

Aus diesem Grund gab die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Senat, die Demokratin Dianne Feinstein, ihren früheren Widerstand gegen eine Beschränkung der Telefondatensammlung auf. „Wenn wir das Gesetz nicht verabschieden, verlieren wir dieses Programm“, erklärte sie vor ihren Kollegen. Doch der republikanische Senator Saxby Chambliss bezeichnete den Entwurf als „vollkommen fehlerbehaftet“. Die NSA müsse im Inland Telefondaten analysieren und speichern können. „Wir überwachen beliebig viele Amerikaner, die sich dem Dschihad verschrieben haben“, sagte Chambliss weiter.

Sein Parteikollege Marco Rubio fügte hinzu, das Gesetz „demontiere“ ein Programm, das erfolgreich Terrorkomplotte in den USA verhindern könne. Sollte es einen weiteren Anschlag auf amerikanischem Boden geben, sagte er, „garantiere ich, dass die erste Frage lauten wird, warum wir es nicht wussten und warum wir es nicht verhindert haben.“

Privatsphäre und Sicherheit

Publik wurde die Methoden des Geheimdienstes durch den ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden. Die Enthüllungen lösten eine hitzige Debatte über die Gratwanderung zwischen Privatsphäre und Sicherheit in den USA aus. Unter dem Eindruck des öffentlichen Drucks schlug Präsident Obama im Januar vor, die NSA künftig mehr an die Kandare zu nehmen. Das von den Republikanern kontrollierte Repräsentantenhaus billigte daraufhin eine eigene Fassung einer NSA-Reform.

Amtierende und frühere Geheimdienstmitarbeiter widersprechen jedoch dem Argument, dass die Sammlung von Telefondaten ein wirksames Instrument der Terrorabwehr sei. So meldeten die USA bisher nur eine einzige Bedrohung, die durch einen Lauschangriff aufgedeckt worden war: den Fall eines Taxifahrers im kalifornischen Anaheim, der zu Jahresbeginn wegen Geldsendungen an einen Al-Qaida-Ableger in Somalia zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde.

Die Direktorin der Bürgerrechtsorganisation ACLU, Laura Murphy, zeigte sich enttäuscht über das jüngste Votum des Senats. Die Überwachung der NSA unkontrolliert weitergehen zu lassen, füge den Amerikanern echten Schaden zu, sagte sie. „Konstante Überwachung ist ein Verstoß gegen den Vierten Verfassungszusatz, beschneidet freie Meinungsäußerung, gefährdet die Pressefreiheit und ist ein Affront gegen die Verfassung.“

19 Nov 2014

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