taz.de -- Neujahrsgala in der Volksbühne: Gleich was vom Tod

Stars und Sternchen und Vergängliches: Sängerin und Entertainerin Christiane Rösinger moderierte und sang am 1. Januar in der Volksbühne.
Bild: Christiane Rösinger holte ihre Band Britta zurück auf die Bühne.

Früher nannte sich die traditionelle Katerveranstaltung der Volksbühne am ersten Tag im Januar Neujahrskonzert, doch dieses Jahr erwartete einen eine richtige Gala. Christiane Rösinger hatte für diesen Abend nicht einfach nur ihre Band Britta reanimiert, sondern die agierte dann als eine Art Showband für all die Gäste, die Rösingers Einladung gefolgt waren. Auf die neulich im ZDF stundenlang gelaufene „Helene Fischer Show“ als Vorbild für ihre eigene Veranstaltung verwies sie dabei, und dieser Vergleich war für den erklärten Schlagerfan Christiane Rösinger nur halb ironisch gemeint, zumal ihre eigene Gala immerhin auch beinahe drei Stunden lang dauerte.

Christiane Rösinger ist ja längst mehr als eine Sängerin, sie ist nicht zuletzt dank ihrer „Flittchenbar“ im Südblock eine geübte Showmasterin, die mit viel Charme und Selbstironie selbst ein Publikum bei Laune hält, das kollektiv den Restalkohol ausschwitzen muss.

Alle Gäste ein Star

Rösinger kündigte jeden ihrer Gäste als Star an, machte sich und ihre Band Britta dagegen mit Genuss klein. In der vollbesetzten Volksbühne kamen all diese Neckereien und Zoten riesig an. Rösinger wuschelte sich durch, wie das ihre Art ist, kündigte einen Song aus dem Jahr 2006 an, worauf sie verbessert wurde, dieser sei schon 2004 entstanden. Aber was ist schon Zeit, vor allem vergangene, erst recht an einem Abend wie diesem.

Dabei funktionierte es wunderbar, dass nicht nur Witze gerissen wurden, sondern dass das Publikum tatsächlich auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle mitgenommen wurde. In den Songs von Britta geht es bei aller Vermeidung von Betroffenheitslyrik ja auch um prekäres Leben und Zukunftsangst. Und als sich Gaststar Jens Friebe ans Piano setzte, sich erst einmal dafür bedankte, dass alle gekommen seien und nicht in ihrem Erbrochenen liegen und daheim „Back to the Future“ ansehen würden, und dann ein 30-strophiges Stück über den Tod ankündigte, überlegte man noch kurz, ob man jetzt lachen sollte. Bis Friebe dann wirklich loslegte und 30 Strophen über den Tod vortrug.

Und was war das doch für ein Kurzauftritt von Kante-Sänger Peter Thiessen! Der schnappte sich die Gitarre, trug ein Stück alleine vor und lies sich beim zweiten von einer Violinistin begleiten, und man spürte förmlich, wie der an Blumfeld erinnernde Textstrom Thiessens vom Publikum aufgesogen wurde.

Bevor es dann aber doch zu besinnlich wurde, packte Christiane Rösinger noch den Hit aus ihrem letzten Soloalbum mit dem Titel „Berlin“ aus, in dem skurrile Momentaufnahmen dieser Stadt lustig und treffend beschrieben werden. Da sorgte jede vorgetragene Zeile für einen Lacher. Ach so, und dann war da ja auch noch dieses irre Dragduo Strawberry Kaeyk, das wahnsinnig gut ankam, vor allem, als es Conchita Wursts „Rise Like a Phoenix“, nun ja, verwurstete. So viele Eindrücke. „Back to the Future“ wäre letztlich kaum kurzweiliger gewesen. ANDREAS HARTMANN

2 Jan 2015

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Hartmann

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