taz.de -- Olympiadebatte, Teil 2: Elitäres Gehabe

Wenn Sport auf leistungsorientiertes Handeln, Show und Kommerz reduziert wird, müssen linke Sportpolitiker Widerstand leisten.
Bild: Gigantismus: Olympiaeröffnung 2008 in Peking

Die mögliche Bewerbung einer Stadt Deutschlands um die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 ist das große sportpolitische Thema derzeit. Die Linke im Bundestag hat sich dazu überraschend unkritisch positioniert und begrüßt dieses Anliegen. Die Landtagsfraktionen beider möglicher Ausrichterstädte, Hamburg und Berlin, lehnen die Bewerbung jedoch ab, weil die Olympischen Spiele eine klassische Fehlinvestition wären. Beide Fraktionen arbeiten sehr eng mit den jeweiligen NOlympia-Bündnissen ihrer Städte zusammen. Sie fordern eine klare Bürgerbefragung und -beteiligung. Das ist auch ein Beitrag zur linken Sportpolitik!

Was in Berlin und Hamburg aktuell passiert, trifft sicher auch auf viele andere Kommunen in Deutschland zu: Ist der Zugang zu den öffentlichen Sportstätten noch für alle möglich? Oder werden Hemmnisse aufgebaut, die Sporttreiben im öffentlichen Raum erschweren? Wie viel kostet der Zugang in öffentlich subventionierte Bäder und wer kann sich das überhaupt noch leisten?

Sport an sich ist unpolitisch. Bewegung in der Kombination von freiem Spiel, Fantasie und Körperlichkeit sind für die meisten Menschen mit ausnahmslos positiven Assoziationen verbunden. So kann Sport sehr wohl zu körperlichem Wohlbefinden, zu Gesundheit, zu Steigerung des Selbstwertgefühls führen. Er kann sogar helfen, soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Internationalismus zu fördern.

Leibesübungen in der Gruppe oder im Verein vermitteln oft ein starkes Gemeinschaftsgefühl und Teamgeist. Sport hilft da, soziale Barrieren zu überwinden. Sport kann in der von Arbeit freien Zeit Begegnung und Auseinandersetzung mit der Natur ermöglichen, das eigene Körpergefühl unmittelbar und intensiv erlebbar machen und die Schönheit von Bewegung erkennen lassen.

Dem gegenüber stehen Begriffe wie „überzogenes Leistungsstreben“, „normierte Schönheit“, „Gesundheit“, „Wettbewerb“, „Disziplin“, „Konkurrenz“ oder auch „Fitness/Muskelreligion“, die ebenfalls stark mit Sport assoziiert werden. Das lenkt in der kapitalistischen Gesellschaft die Aufmerksamkeit vor allem auf die vielfältigen Verwertungsmöglichkeiten des (Hoch-)leistungssports.

Nötige Kapitalismuskritik

Spätestens ab da wird es mit dem Sport ganz schön politisch! Sport ist im Kapitalismus durch Marktbedingungen geprägt. Er existiert nicht losgelöst von den gesellschaftlichen Verhältnissen. Er fördert nach wie vor einen unappetitlichen Nationalismus, führt zu elitärem Gehabe und kann unter dem Motto „Brot und Spiele“ als Opium für das Volk missbraucht werden – und wird es auch. Sport ist noch immer männlich dominiert – nicht an der Basis der Sporttreibenden, aber in den meisten Gremien des Sports. Trainerinnen, Schiedsrichterinnen, Übungsleiterinnen oder Sportjournalistinnen gibt es seltener.

Hier muss linke Sportpolitik, die immer auch Kapitalismuskritik beinhalten muss, ansetzen. Die enge Bindung von sportlichen Ereignissen an emotionale Prozesse erschwert sehr oft eine sachliche Auseinandersetzung – auch beispielsweise bei der Frage einer Bewerbung einer Kommune um Großereignisse. Schließlich sind Olympische Spiele populär.

Da ist es wichtig, für die vermeintlich unpopuläre Entscheidung, sich gegen eine Bewerbung auszusprechen, um Verständnis zu werben: Dort, wo Sport zum Luxus für wenige wird, wo Sport allein auf Show, Kommerzialisierung, mediale Verwertbarkeit und leistungsorientiertes Handeln reduziert wird, wo er Menschenrechte mit Füßen tritt und Natur nachhaltig zerstört, spätestens da müssen sich linke SportpolitikerInnen einmischen und Widerstand leisten und organisieren.

14 Mar 2015

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Hiller
Haselbauer

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