taz.de -- Hinrichtungen in Indonesien: „Grausam und unnötig“

Indonesien richtet acht Drogenschmuggler hin, darunter zwei Australier. Australien ruft den Botschafter zurück. Amnesty spricht von „sanktioniertem Mord“.
Bild: Protest gegen die Todesstrafe in Jakarta.

SYDNEY/JAKARTA dpa | Nach der weltweit umstrittenen Hinrichtung von acht Drogenschmugglern in Indonesien hat Australien als erstes Land diplomatische Konsequenzen angekündigt. Regierungschef [1][Tony Abbott verurteilte] die „grausamen und unnötigen Hinrichtungen“. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verurteilte die Vollstreckung als „sinnlosen, tragischen und verheerenden, vom Staat sanktionierten Mord“.

Ungeachtet internationaler Proteste waren die acht Männer am Mittwoch um kurz nach Mitternacht Ortszeit auf der Insel Nusa Kambangan vor ein Erschießungskommando gestellt worden. Scharfschützen zielten auf vier Nigerianer, zwei Australier, einen Brasilianer und einen Indonesier.

Eine Philippinerin (30) wurde in letzter Minute verschont. Eine andere Frau, die verdächtigt worden war, sie als Drogenkurierin missbraucht zu haben, stellte sich tags zuvor der Polizei auf den Philippinen.

Canberra werde den Botschafter zu Konsultationen zurückrufen, sobald die sterblichen Überreste der beiden Australier Myuran Sukumaran (34) und Andrew Chan (31) auf dem Weg nach Australien seien, teilte Regierungschef Tony Abbott mit. „Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagte er vor der Presse. Gleichzeitig betonte er aber, die Beziehungen zu Indonesien seien wichtig. „Wir müssen vorsichtig sein und sicherstellen, dass unser Ärger eine schlimme Situation nicht noch schlimmer macht.“

Amnesty warf Indonesien Missachtung aller Menschenrechtsstandards vor. Indonesien müsse umgehend ein Moratorium gegen die Todesstrafe einführen, verlangte Südostasiendirektor Rupert Abbott. „Wir stehen hinter den Familien derjenigen, die brutal hingerichtet wurden, durch einen sinnlosen, tragischen und verheerenden vom Staat sanktionierten Mord“, sagte Diana Sayed von Amnesty Australien.

Nach den wochenlangen Protesten gegen die Hinrichtung waren in der Nacht Dutzende Reporter und Kritiker der Todesstrafe in Cilacap nahe der Hinrichtungsinsel Nusa Kambangan zusammengekommen. Sie hielten Mahnwachen ab. Auch in Australien wachten Menschen die Nacht durch. Mancherorts wurden Kirchenglocken geläutet.

Seit Amtsantritt von Präsident Joko Widodo im Herbst 2014 hat Indonesien damit 14 Menschen wegen Drogenschmuggels hingerichtet. Nach Angaben der Behörde für Rauschgiftbekämpfung (BNN) sind noch rund vier Dutzend Menschen in Indonesien wegen Drogenschmuggels zum Tode verurteilt, mehr als die Hälfte davon Ausländer.

29 Apr 2015

LINKS

[1] http://www.pm.gov.au/media/2015-04-29/executions-andrew-chan-and-myuran-sukumaran-0

TAGS

Todesstrafe
Indonesien
Hinrichtung
Australien
Frauen
Polizei
Australien
Drogenschmuggel
Drogenhandel
Australien

ARTIKEL ZUM THEMA

Indonesische Provinz Aceh: Frauen nachts unterwegs? Verboten!

Nach 23 Uhr dürfen Frauen in Banda Aceh in Cafés, Restaurants oder sonst wo nicht mehr bedient werden. Außer natürlich, der Gatte ist dabei.

Australier in Indonesien hingerichtet: Australische Polizei in der Kritik

Die Polizei hätte die Hinrichtung australischer Schmuggler in Indonesien verhindern können, wenn sie sie nicht hätte ausreisen lassen. Sie weist die Verantwortung von sich.

Kommentar Exekutionen in Indonesien: Zweierlei Maß bei der Todesstrafe

Der australische Protest gegen die Hinrichtungen in Indonesien hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Und Exekutionen lösen das Drogenproblem nicht.

Kommentar Todesurteile in Indonesien: Der Staat ist gnadenlos

Drogenschmuggel rechtfertigt keine Todesurteile. Sie taugen nicht zur Abschreckung und die großen Gangster treffen sie meistens nicht.

Todesurteile wegen Drogendelikten: Indonesien kennt keine Gnade

Der internationale Protest scheint ungehört zu bleiben: Indonesien will weitere neun Verurteilte wegen Drogendelikten hinrichten.

Todesurteile in Indonesien: Keine Gnade für Australier

Zwei australische Drogenschmuggler sollen in Indonesien hingerichtet werden. Ihr jüngstes Gnadengesuch vor Gericht ist jetzt gescheitert.